Vorrang für rationelle Energienutzung, regenerative Quellen

Ausgabe: 1995 | 3

"Gruppe Energie 2010" nennt sich das aus Günter Altner, Hans-Peter Dürr, Gerd Michelsen und Joachim Nitsch bestehende Autorenteam, das im Auftrag der Niedersächsischen Energieagentur eine nach eigenen Worten "diskursorientierte" Energiestudie erstellt hat. Die vier Ökologen treten die Beweisführung an, daß ein Ausstieg der BRD aus der Atomenergie innerhalb der nächsten 15 Jahre möglich und sehr wohl mit einer wirksamen Klimaschutzstrategie (angepeiltes Ziel: CO2-Reduktion um 36%) verbunden werden kann.

Sie fordern die Konzentration der Energie-Konsens-Gespräche der Parteien auf die sogenannte "REN-REG-Strategie", die rationale Energienutzung und -umwandlung (REN) sowie die Förderung der erneuerbaren Energiequellen (REG) ins Zentrum stellt. Ausgehend von einem Referenzmodell, das den gegenwärtigen Energieverbrauch ins Jahr 2010 extrapoliert, werden zwei unterschiedliche Zielszenarios entwickelt: das vorsichtigere kommt dabei im Bereich des Energieverbrauchs auf Einsparungswerte von 16 %, das optimistischere gar auf 23 % gegenüber 1992, wobei die Sektoren "Verarbeiten des Gewerbe", "Haushalte", “Kleinverbraucher" und "Verkehr" untersucht wurden. Der Beitrag der erneuerbaren Energien soll im Jahr 2010 5 bzw. 7,5 Prozent des Gesamtenergiebedarfs ausmachen. Der Großteil, nämlich 70-80 %, werden dabei aus den technisch bereits gut entwickelten Bereichen Wasserkraft, Windenergie und Bio-Reststoffverwertung kommen.

Die investitionsintensiven Solaranlagen hingegen können - so die Autoren - erst zu einem späteren Zeitpunkt ihre volle Wirkung entfalten: Für 2030 wird dank Photovoltaik mit einem REG-Anteil von 15 bzw. 21 % am Primärenergieverbrauch Deutschlands gerechnet. Die detallierte Studie macht nicht nur vorhandene Veränderungspotentiale deutlich, sondern unterbreitet auch konkrete Handlungsvorschläge, die von steuerlichen Maßnahmen über eine Umstrukturierung der Energiewirtschaft bis hin zu Investitionsund Förderprogrammen im Sinne der REN-REG-Strategie reichen. Untersucht werden auch die Sozialverträglichkeit und die arbeitsmarktpolitischen Auswirkungen eines neuen Energiekurses, der - konsequent umgesetzt, bis zu 400 000 neue Arbeitsplätze schaffen soll. Mit Recht verweisen die Autoren, die für ihre Studie insgesamt 16 Detailgutachten aus unterschiedlichen Instituten eingeholt haben, nicht zuletzt auch auf die positiven Impulse, die von einer auf die Atomkraft verzichtenden, innovativen Energiepolitik Deutschlands auf die EU sowie insbesondere auf die osteuropäischen Länder ausstrahlen würden.

H. H.

Zukünftige Energiepolitik. Vorrang für rationelle Energienutzung und regenerative Energiequellen. Potentiale und Handlungsfelder Altner, Günter ... (Mitarb.). Bonn: Economica, 1995. 334 S., DM/sFr 58,- / öS 452,50