Nachhaltige Energiewirtschaft

Ausgabe: 1996 | 3

700000 Menschen sind derzeit in der BRD im Umweltschutz beschäftigt, bereits 1,1 Mio. werden es - so Schätzungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung - im Jahr 2000 sein. Die vorliegende Studie des Öko-Instituts untersucht im Detail die Beschäftigungseffekte eines Umstiegs auf eine nachhaltige Energiewirtschaft. Gefragt wird nach den Gewinnern und Verlierern, nach dem Umfang und der Qualität der neugeschaffenen Arbeitsplätze. Den Ausgangspunkt bildet ein vom Öko-Institut an anderer Stelle entwickeltes Szenario, das bis 2020 die breite Erschließung von Energieeinsparpotentialen, die rationelle Energienutzung durch Kraftwärmekopplung sowie den verstärkten Ausbau regenerativer Energie, gekoppelt mit einem Ausstieg aus der Atomenergie und einer drastischen Reduzierung fossiler Energieträger, vorschlägt.   Die Beschäftigungseffekte wurden nach der Input-Output-Methode errechnet, die davon ausgeht, daß Einsparungen in einem Sektor i. d. R. zu Expansionen in anderen führen (z. B. steht nachfragebedingtem Rückgang der Beschäftigung in der E-Wirtschaft ein Anstieg der Beschäftigung bei Energiespargeräte produzierenden Unternehmen gegenüber). Die Ergebnisse lassen aufhorchen: Die analysierten Bereiche "Haushalte", “Kleinverbrauch ", "Industrie" sowie “Kraftwerksektor" führen im Energiewendeszenario zum einen zwar zu Beschäftigungsrückgängen im Kohlebergbau und in der Elektrizitätswirtschaft (für beide werden je Verluste von ca. 125000 Arbeitsplätzen prognostiziert), diese werden jedoch durch Wachstumseffekte in anderen Bereichen, vor allem in der Geräteherstellung (plus 98000 Arbeitsplätze durch energieeffiziente Produkte, Solaranlagen u. a.) und im Bausektor (plus 205000 Arbeitsplätze durch Wärmedämmung u.a.) mehr als wettgemacht, so daß in Summe ein Positivsaldo von über 200000 neuen Arbeitsplätzen errechnet wird. Die Ergebnisse gewinnen an Gewicht noch dadurch, daß im Referenzszenario, also der Fortschreibung des Status quo, die Importquote im Energiebereich drastisch erhöht würde, was sich letztlich wiederum negativ auf die Volkswirtschaft auswirkte. Nicht zuletzt werden in den neuen Energiearbeitsplätzen auch qualitative Vorteile ausgemacht, etwa in deren regionalen Streuung sowie in den vernetzte Qualifikationen erfordernden Tätigkeiten. Bleibt lediglich die Frage, warum der Umstieg dennoch nur zögerlich gelingt? Wahrscheinlich wurde die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Jene, die etwas verlieren würden, errichten Blockaden. Sie zu überwinden, ist letztlich ein Auftrag an die Politik, Studien werden hierfür nicht reichen! H. H.

Peter, Brigitte; Cames, Martin; Seifried, Dieter: Nachhaltige Energiewirtschaft. Einstieg in die Arbeitswelt von morgen. Freiburg (u.a.): Öko-lnst., 1996. 128 S.