Sophia Fritz

Toxische Weiblichkeit

Ausgabe: 2025 | 1
Toxische Weiblichkeit

Der Begriff der toxischen Männlichkeit hat uns in den letzten Jahren dabei geholfen, dominante und aggressive Verhaltensweisen zu erkennen und zu benennen. In ihrem Buch zu toxischer Weiblichkeit lenkt Sophia Fritz den Fokus auf weibliche Verhaltensmuster, die zwar nicht so zerstörerisch wie das männliche Äquivalent sind, aber dennoch zur Aufrechterhaltung patriarchaler Gesellschaftssysteme beitragen.

Anhand von fünf Prototypen beschreibt die Autorin, wie sich toxische Weiblichkeit manifestiere: Das „gute Mädchen“ ist so darauf konditioniert, die Bedürfnisse des Gegenübers mitzudenken und darauf einzugehen, dass die eigenen Bedürfnisse oft auf der Strecke bleiben. So ginge es unter Frauenfreundschaften oft darum, sich uneingeschränkt zu unterstützen und Verständnis zu zeigen, während ehrliche Kritik und aufrichtiges Feedback keinen Raum haben. Die „Powerfrau“ zeichnet sich dadurch aus, dass sie konstant ihre eigenen Grenzen überschreitet und ihre Überlegenheit aus Selbstkontrolle und Selbstoptimierung zieht. Die Überlegenheit der „Mutti“ speist sich hingegen aus moralischer Überlegenheit und der Bereitschaft zur Aufopferung. Mit übersteigerter Fürsorge wird versucht, den Mangel an Anerkennung und Liebe zu kompensieren. Mit dem Prototyp des „Opfers“ diskutiert Fritz das auch in feministischen Kreisen teilweise vorherrschende Argument, wonach es sich manche Frauen in der Opferrolle bequem gemacht hätten. Fritz räumt zwar ein, dass die Opferrolle dafür benutzt werden kann, um sich aus der Verantwortung zu ziehen. Dennoch sei der Opferdiskurs unerlässlich, um Verletzungen und Täter sichtbar zu machen. Auch der fünfte Prototyp zeichnet sich durch eine gewisse Ambivalenz aus. So gilt die „Bitch“ sowohl „als stolze Eigenzuschreibung einer selbstermächtigten Weiblichkeit und als abwertende Fremdbezeichnung intriganter Frauen“ (151).

Der Autorin geht es in diesem Buch nicht darum, Frauen noch zusätzlich zu beschämen. Stattdessen regt der Text an, eigene Verhaltensweisen zu reflektieren. Denn „um auf Augenhöhe miteinander zu sprechen, dürfen wir beispielsweise Mansplainer nicht nur anklagen, sondern müssen selbst damit aufhören, unserem Gegenüber stundenlang aufmerksames Interesse vorzuheucheln“ (22). Ein sehr kluges Buch, das den feministischen Diskurs deutlich bereichert.