Jagoda Marinić

Sheroes

Ausgabe: 2019 | 3
Sheroes

Jagoda Marinić ist der Meinung, dass Deutschland – im Gegensatz zu Frankreich und den USA – die #MeeToo-Debatte verschläft, als „Zaungast der wichtigsten feministischen Debatte der letzten Jahrzehnte“ (S. 9) die Chance vertut, die landesspezifischen akademischen Konfliktlinien zu verlassen, umfassend über Machtmissbrauch und mangelnde Repräsentation zu diskutieren sowie Veränderungen herbeizuführen. Sie plädiert dafür, diesen Moment gesellschaftlich-kultureller Entwicklungsmöglichkeiten nicht gänzlich verstreichen zu lassen, sondern zumindest in abgeschwächter Form zu nützen: in einem Gespräch. Ganz simpel und effektiv, Marinić möchte, dass wir uns unterhalten.

Die Journalistin spricht in ihrem Buch von Sheroes, von Frauen und Männer, die selbstbewusst für Gleichberechtigung und Selbstbestimmung eintreten, die sich gegen strukturelle Benachteiligung aussprechen und eben das Gespräch miteinander suchen, um gemeinsam an einer egalitären Gesellschaft zu arbeiten. „Beiden Geschlechtern muss daran liegen, mehr Menschlichkeit in ihrem Leben und Lieben zu verwirklichen. Bei Frauen heißt das derzeit: Mehr Ich-Räume zu schaffen, bei Männern das Gegenteil: Mehr Wir-Räume.“ (S. 80) Es braucht laut Marinić mehr von solchen heldenhaften Personen, um eingefahrene Macht- und Geschlechterrollen aufzubrechen, dabei weist sie auf einen äußerst bedeutsamen Punkt hin: „Wer von Solidarität spricht, muss eine globalisierte Perspektive einnehmen und kann nicht erwarten, dass die eigene Strukturschwäche über allem steht.“ (S. 34)

In Anlehnung an Max Frisch finden sich abschließend Fragebögen. Zu den Bereichen Haushalt, Berufswelt und Beziehungen steht dort etwa: „Was denken Sie, wie viel Zeit pro Woche eine Frau für den gemeinsamen Haushalt aufwendet und wie viel ein Mann?“ (S. 110) Oder: „Gehören Sie zu jenen, die meinen, #MeToo gefährde die Erotik zwischen Mann und Frau? Wenn ja, wie begründen Sie das? Wie genau verknüpfen Sie Macht und Missbrauch mit der Erotik zwischen zwei Menschen und weshalb?“ (S. 118) Gerade die insgesamt 50 Fragen begünstigen einen weiterführenden Austausch und lassen das Buch zu einer praktischen Diskussionsgrundlage werden.