Tino Pfaff (Hg.)

Ökozid

Ausgabe: 2025 | 1
Ökozid

Ein an Bedeutung gewinnendes Instrument sind Klimaklagen. Nicht nur Staaten, sondern auch Unternehmen werden geklagt. An die 2.000 Klimaklagen wurden mittlerweile eingereicht, einige davon waren erfolgreich. Einen Schritt weiter geht eine Bewegung, die Ökozid im internationalen Strafrecht verankert sehen möchte. Als Ökozid gelten „rechtswidrige oder willkürliche Handlungen, mit dem Wissen begangen, dass eine erhebliche Wahrscheinlichkeit schwerer und entweder weitreichender oder langfristiger Schäden für die Umwelt besteht, die durch diese Handlungen verursacht werden“, so die Definition eines internationalen Expert:innengremiums, wiedergegeben in dem Sammelband „Ökozid. Wie ein Gesetz schwere Umweltschäden bestrafen und Lebensgrundlagen besser schützen kann“ (S. 12).

Das Buch bietet einen umfassenden Einblick in die Thematik. Expert:innen aus zahlreichen Ländern widmen sich Grundsatzfragen des Verhältnisses von Natur und Kapitalismus ebenso wie Detailaspekten, etwa den zerstörerischen Auswirkungen von Landgrabbing, Entwaldung, Teersandexploration, der Vergiftung von Meeren und Flusssystemen oder den Folgen der Klimakrise. Dargelegt werden die Chancen und Grenzen des juristischen Weges, gegen die Beeinträchtigung von Ökosystemen vorzugehen. Am Beispiel Klimakrise: Da das Unternehmen Shell für weltweit 1,6 Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich ist und die CEOs des Unternehmens dies wissen, könnte durch ein Ökozid-Gesetz eine Verurteilung von Manager:innen denkbar werden, argumentiert etwa die Juristin Luise Maria Kozlowski der Stop Ecocide Foundation Berlin. Der Umweltaktivist Max Wilbert schildert Erfolge und Rückschläge von Umweltbewegungen gegen Ölpipelines in den USA und Kanada. Ein ganzer Abschnitt ist dem Thema „Ökozid als Waffe“ gewidmet.

Einschätzung: Juristische Wege zur Einklagung von Umweltzerstörungen werden ebenso an Bedeutung gewinnen wie neue Lieferkettengesetze. Sollte der Europäische Menschenrechtsgerichtshof Klimaklagen für zulässig erklären – ein Urteil ist für 2024 zu erwarten –, dann wäre dies ein ebenso wichtiger juristischer Schritt wie die Anerkennung von Ökozid beim Internationalen Strafgerichtshof.