Subjektivität als Dimension internationaler Konflikte

Ausgabe: 1990 | 4

Statt Krieg einmal Frieden zu spielen, ist nach wie vor eine Herausforderung an die Friedensforschung. Im Mittelpunkt der politischen Psychologie des Friedens steht die Subjektivität, denn insbesondere in den internationalen Beziehungen sind Furcht, Macht, Stolz und Größenphantasien wirksam, die es zu zivilisieren gilt. Die politische Psychologie des Friedens sucht "die psychologische Seite gesellschaftlicher und politischer Prozesse zusammen mit den sozialen und geschichtlichen Bezügen zu denken". Dieser Friedensbegriff ist durch Integration und Zurückdrängung von Gewalt gekennzeichnet. "Das Projekt Frieden bezeichnet die Entwicklung eines durch Bewusstseinsstrukturen vermittelten Interaktionsgeflechts. Es geht letztlich darum, fremde Völker zu verstehen und eine dynamische Auseinandersetzung mit dem Fremden und dem Eigenen einzuleiten. Diese Grundannahmen werden in den einzelnen Beiträgen differenziert. Hans Nicklas hält beispielsweise Krieg nicht für eine Naturkonstante, sondern für eine Kulturleistung, die ebenso wie andere soziale Institutionen dem sozialen Wandel unterliegt. Die entwicklungspsychologischen Voraussetzungen eines friedenspolitisch erforderlichen sozialen Wandels stehen im Mittelpunkt der Ausführungen von Mario Erdheim. Dem Konzept der Empathie widmet sich Norbert Ropers und Hanne-Margret Birckenbach geht es um eine gesamteuropäische Kultur des politischen Streits. Am Beispiel des israelisch-palästinensischen Konflikts beschäftigt sich der amerikanische Friedensforscher Herbert C. Kelman mit den Möglichkeiten einer Konfliktlösung für den Fall, dass sich Völker und Regierungen ohne Kooperationsbereitschaft kommunikationslos gegenüberstehen. In einem ersten Schritt käme es darauf an, das monolithische Feindbild zu differenzieren. Kelman schlägt dazu eine Mischung von offizieller und inoffizieller Diplomatie vor. In Anbetracht eines drohenden Krieges im Nahen Osten ein eminent wichtiger Beitrag zur Lösung internationaler Konflikte. 

Die vergessene Dimension internationaler Konflikte: Subjektivität. Red.: Reiner Steinweg u. Christian Wellmann. Frankfurt: Suhrkamp, 1990.259 S. (Friedensanalysen; 24) DM 14,- / sFr 12,- / öS 109,20