In dem 2024 von Jean Müßgens und Birger P. Priddat verfassten Buch „Revision der Ökonomie – Entwurf einer Transaktionsphilosophie“ befassen sich die Autoren mit Fragen zu unserer Wirtschaftstheorie und -philosophie. Dabei greifen sie neben einer fundierten wissenschaftlichen und geschichtlichen Auseinandersetzung auf eine kritische Gegenwartsreflexion zurück, um die Tragweite der zugrundeliegenden Diskussionen abzudecken.
Ökonomische Theorien der Märkte
Beginnend mit einem Kapitel zu den ökonomischen Theorien der Märkte, weisen die Autoren auf die bisherige Schwierigkeit hin, soziale Rahmenbedingungen in die Rolle des Marktes einfließen zu lassen. Als Beispiel für die Relevanz dieser sozialen Faktoren machen sie auf den Faktor der Gabe aufmerksam. Darunter ist ein Prozess des Gebens zu verstehen, der durch die Etablierung eines sozialen Miteinanders versucht, Unsicherheiten abzubauen und damit ein produktiveres Gemeinschaftsverhältnis zu begründen.
Diesen Gedanken weiterführend, kommen die Autoren in Kapitel 2 auf die kommunikationsabhängigen Transaktionen als Basishandlung des Marktes zu sprechen. Der „Markt“ ist in ihren Augen also die Allokation von Kommunikationspartner:innen, um in ein Transaktionsverhältnis zu gelangen. Dabei kommt aber nicht nur der unmittelbaren Kommunikation zwischen den handelnden Parteien eine Relevanz zu, sondern auch den sozialen Umfeldern und Netzwerken, die indirekt die Entscheidung über Transaktionsbeziehungen beeinflussen.
Um aber zu einer vollständigen Markttransaktion zu werden, bedarf es noch eines Vertrages, der hier als ein final kooperativer Prozess beschrieben wird. Dabei wollen die Autoren nicht aussagen, dass alle Verträge ihr kooperatives Potenzial vollständig ausschöpfen, aber dass zukünftiger Produktivkraft, am Beispiel von Innovation, erst Raum gegeben wird, wenn tatsächliche Kooperation und gegenseitiges Vertrauen stattfinden.
Über Nicht-Märkte
Neben diesen Marktprozessen werden auch Nicht-Märkte in Form von Datenverarbeitung präsentiert. Die Autoren gehen hier auf den Einfluss von Firmen ein, die soziale Medien, Suchmaschinen oder dergleichen anbieten. Einerseits gießen sie das auf Nutzerdaten basierende Produktschema dieser Firmen in die zuvor skizzierte Gabentheorie ein, indem sie die kostenlose Bereitstellung der Angebote als eine Gabe darstellen, der ein kostenloses Geben der Daten gegenübersteht. Andererseits stellen sie aber die Frage, ob dieser Handel im Interesse der Nutzer ist und wie man darauf reagieren könnte, um ihn in einen konventionelleren Marktrahmen einfließen zu lassen.
Dieser Gedanke ist für die abschließende Auseinandersetzung des Buches wichtig, da die Autoren hier die Freiheit der Konsument:innen in Frage stellen. Sie skizzieren ein Gedankenexperiment, in welchem selbstbestätigende Technologien die hier als so relevant herausgearbeitete Kommunikation beeinflussen. Dabei sehen die Autoren nicht nur eine Gefahr durch Manipulation, sondern auch durch den Verlust der Innovation. Diese sehen sie bedroht, da die Grundlage der angesprochenen Technologien die Reproduktion des Bestehenden ist und in keiner Weise die Forderung nach menschlicher Kreativität. Deshalb schließen sie auch mit dem Appell, dass das Vertrauen in diese Technologien nicht nur durch ihre einfache Bedienung erkauft werden darf.