Anders Indset

Quantenwirtschaft

Ausgabe: 2019 | 4
Quantenwirtschaft

Viel wird über das Buch des norwegischen Wirtschaftsphilosophen Anders Indset diskutiert und der Autor ist Gast zahlreicher Talkshows. 2018 hat ihn Thinkers50 (laut Verlag „die Oscars des Management-Denkens“) in die Top 30 der in Zukunft wichtigsten Management-Vordenker aufgenommen. Ist mehr als eine Ansammlung von Allerweltsweisheiten zu erwarten, wenn jemand von Quantenwirtschaft spricht? Geht es in der Tat um ein neues Denken oder lediglich um die Verniedlichung harter ökonomischer Machtinteressen? Das Buch von Indset enthält in einer eigenartigen Mischung beides. Neben saloppen Sprüchen („Du musst deine Sichtweise der Welt ändern, dann verändert sich auch deine Welt“, S. 62) findet man durchaus brauchbare Analysen etwa über die Fallen der Informationsgesellschaft, die Machtkonzentration bei den großen Internetkonzernen („Netokraten“, S. 80), dem ökologischen Raubbau durch Konsumismus im „materialistischen Kapitalismus“ (S. 78) oder den Gefahren einer unkontrollierten Entwicklung im Bereich Künstlicher Intelligenz.

Der Autor setzt auf einen neuen Kapitalismus, der nicht nur die materiellen Bedürfnisse befriedigt, sondern auch jene der Selbstverwirklichung und Selbstfindung. Nutzen statt Besitzen, die Etablierung von Kreislaufwirtschaften sowie ein bedingungsloses Grundeinkommen sind Bestandteile der neuen Quantenökonomie. Nationalstaaten würden an Bedeutung verlieren, Metropolen die neuen politischen Zentren werden („Woodstock der Bürgermeister“), die repräsentative Parteiendemokratie „in Vergessenheit geraten oder höchstens noch als historisches Modell im Museum ausgestellt werden“ (S. 301) und durch Online-Abstimmungen ersetzt werden (!). Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft müssten mit Fragen nach ihren Plänen für eine Kreislaufwirtschaft und andere Konsummodelle konfrontiert werden.

Mit Slogans wie „Aus Verbrauchern werden Menschen“ (S. 264), „Von der Wirr- zur Wir-Gesellschaft“ (S. 260) oder dem Setzen auf Cannabisöl, das zukünftig das Erdöl ablösen werde (S. 271), versucht Indset Aufbruchsstimmung zu erzeugen. Der Autor streicht immer wieder die Bedeutung eines anderen, eben eines „Quantenbewusstseins“ heraus, das dem mechanistischen Weltbild folgen und zur Verschmelzung von Wirtschaft, einer neuen Ethik und kollektiver Verbundenheit führen werde. Das Buch spricht viele wichtige Fragen an. Das Problem dabei ist aber, dass es vage bleibt, wenn es darum geht, dem Kapitalismus neue Grenzen zu setzen. Denn mit einem neuen Bewusstsein allein werden wir das nicht bewerkstelligen.