Elly Oldenbourg:

Work Shift

Ausgabe: 2024 | 4
Work Shift

Sollen wir mehr arbeiten oder doch weniger? Oder anders? Und was heißt das? Während Arbeitgeberpräsident und Finanzminister zu mehr Arbeit in Deutschland auffordern und dafür finanzielle Anreize schaffen wollen, stellt Elly Oldenbourg den kapitalistischen Imperativ in Frage, dass Menschen sich uneingeschränkt als Ressource der Wirtschaft zur Verfügung stellen müssen, um Wachstum zu generieren. Insbesondere in einer Zeit, in der endgültig ersichtlich ist, dass endloses Wachstum nicht möglich ist. Aber beginnen wir von vorne.

Basierend auf ihrer Biografie problematisiert Elly Oldenbourg im ersten Teil des Buches den Status Quo unserer Arbeitswelt. Sie beschreibt sechs „Abgründe“ (S. 23), vor denen wir aktuell stehen: we run, we resignate, we can’t care, we disconnect, we exclude, we ignore. Beispielsweise charakterisiert sich unsere Arbeitswelt zunehmend durch die Auflösung von organisationalen Strukturen. Jede:r muss sich als individuelle Marke anpreisen und sich ständig auf die Suche nach dem nächsten Gig begeben. Als Freelancer:innen verlieren wir die Bindung an Unternehmen und damit die Einbindung in soziale Strukturen, die Gemeinschaft, Sicherheit und Unterstützung bieten können.

Elly Oldenbourgs Buch ist ein weiterer Beitrag zur Debatte über die Rolle der (Erwerbs-)Arbeit im Leben jedes Einzelnen und in unserer Gesellschaft im 21. Jahrhundert. Sie definiert vier Wirkungsfelder, die uns erlauben sollen, unsere Erwerbsarbeit ganzheitlich als Teil unseres Lebens zu verstehen und zudem in ein gesellschaftliches Ganzes einzuordnen. Diese vier Wirkungsfelder sind: Zeit, Kollaboration, Vielfalt, Kennzahlen. Für jedes Wirkungsfeld entwickelt Oldenbourg Veränderungsideen (Workshifts) auf individueller und struktureller Ebene und leuchtet aus, wie diese Keimzellen für gesellschaftliche Veränderungen insbesondere in Verbindung mit Ökologie und Politik sein können.

Auch Leser:innen, die mit der Materie vertraut sind, dürfen sich auf eine kreative, manchmal unkonventionelle Perspektive freuen. Der klare Appell zur Veränderung an Politik, Wirtschaft und jede und jeden Einzelnen ist gepaart mit konkreten Handlungsideen, die Lust machen, Dinge anders zu machen.