Andrew McAfee

Mehr aus weniger

Ausgabe: 2021 | 1
Mehr aus weniger

Andrew McAfee erzählt eine „überraschende Geschichte, wie wir mit weniger Ressourcen zu mehr Wachstum und Wohlstand gekommen sind“, so der Untertitel des Buches, und legt noch eins drauf, wenn er verspricht, „wie wir jetzt unseren Planeten retten“. Erreicht werde dies durch „vier Reiter des Optimismus“ (S. 14): technologischer Fortschritt, Kapitalismus, öffentliches Bewusstsein und bürgernahes, reaktionsfähiges Regieren. McAfee bringt viele Beispiele, wie durch das Zusammenwirken von neuen Technologien und Kapital der Wohlstand gemehrt wurde. Er verleugnet keineswegs die Schattenseiten des Massenkonsums, allem voran die Externalisierung der Umweltkosten. Den Klimawandel sowie die zunehmende „soziale Isolation“ (S. 246) jener, die vom wirtschaftlichen Fortschritt ausgeschlossen werden, hält er für die zentralen Herausforderungen für die Zukunft. Während die bereits begonnene Dematerialisierung des Wirtschaftens durch die digitalen Technologien weiter voranschreite – der Autor zitiert hier die sinkenden Verbrauchszahlen für Rohstoffe in den USA und nennt das Smartphone als Beleg für multifunktionale Geräte  – erforderten die klimatischen und sozialen Verwerfungen neue Antworten durch die Staaten. Neben Klimasteuern sowie Förderungen für Unternehmen, die sich in wirtschaftlich benachteiligten Regionen ansiedeln, setzt McAfee aber auch hier auf Technologien. Zur Eindämmung des Klimawandels fordert er den Ausbau bzw. die Rückkehr zur Atomenergie, für die Überwindung des Hungers die Nutzung der Gentechnik für neue Lebensmittel.

Technologische Fortschritte werden sicher helfen, die Umweltkrisen zu meistern. Sie allein reichen aber nicht. McAfee unterschlägt, dass der Rückgang des Ressourcenverbrauchs in reichen Ländern wesentlich mit der Auslagerung der Industrieproduktion zu tun hat. Tierschutz begrenzt er auf die Rettung gefährdeter wilder Arten – über die Auslaugung von Böden und Massentierhaltung verliert er kein Wort. Dazu passt die Diktion, dass er Tiere wirtschaftlich gesehen als „Material“ sieht, nicht als Lebewesen, und etwa die „Produktivitätssteigerungen der US-Milchkühe“ (S. 118) als große Errungenschaft lobt. In Summe ein irritierender Ansatz, der die Erkenntnisse der Ökosystemforschung schlichtweg negiert und in Europa in dieser krassen Form wohl kaum vertreten würde.