Timo Daum

Die künstliche Intelligenz des Kapitals

Ausgabe: 2019 | 4
Die künstliche Intelligenz des Kapitals

Über Digitalisierung wird viel geschrieben und debattiert. Die Einschätzungen schwanken zwischen Hype und Panik. Ganz besonders zeigt sich das beim Thema Künstliche Intelligenz (KI): Die einen warnen vor dystopischen Zukunftsszenarien, in denen sich Maschinen und virtuelle Netzwerke selbständig machen und uns Menschen kontrollieren, sie sehen uns kurz vor Massenarbeitslosigkeit. Auf der anderen Seite heißt es, dass KI viele Probleme der Menschheit lösen wird, manche meinen, dass wir vor einer neuen Gesellschaftsordnung stünden. Was stimmt nun?

Im Dschungel von Science-Fiction, Angst, Hype und Tech-Populismus ist dieses Buch fast so etwas wie ein Anker. Timo Daum zeigt, was künstliche Intelligenz überhaupt ist, wie sie sich entwickelt hat und was es da zu unterscheiden gibt. Er beschreibt die wichtigsten Begriffe und macht KI an spannenden Beispielen fest. Damit macht er den Raum frei für etwas, das bei den Debatten beinahe immer fehlt: eine Kritik der Politischen Ökonomie der Digitalisierung im Allgemeinen und der KI im Speziellen. Daum erinnert daran, dass es nicht nur um „Marketing Gags“ wie Go-Wettkämpfe zwischen Mensch und Maschine oder um „Feigenblätter“ wie neue Anwendungen in der Medizin geht. Die Basis all dieser Entwicklung ist vielmehr, dass das Kapital neue Akkumulationsmöglichkeiten sucht und findet. Mit anderen Worten: Auch im Datenkapitalismus liegt die Priorität vorrangig nicht auf Menschen, sondern auf Märkten. Somit stellen sich auch bei der Kritik der Digitalisierung Macht- und Verteilungsfragen.

Wenn uns das klar wird, müssen wir uns nicht vor einer Superintelligenz fürchten, sondern können um ihren richtigen Einsatz kämpfen. Ein Ansatz wäre zum Beispiel laut Daum, bei den Daten, also bei der Quelle des digitalen Kapitalismus, die Eigentumsfrage zu stellen und klarzustellen: „Unsere Daten gehören uns!“ (S. 170), und sich danach zu fragen: „Vielleicht lässt sich mit den Datensammlungen ja was Sinnvolles anstellen?“ (S. 168)