Nutzen und Risiken manipulierter Lebensmittel

Ausgabe: 1997 | 2

Lange Transportwege bedeuten Risiko für das Verderbnis der Ware. Die Strahlenkonservierung gilt in vielen Fällen als Ausweg. Ob mit Gammabestrahlungsanlagen oder Elektronenbeschleunigern - die kostengünstiger, aber weniger. bestrahlungsintensiv sind - europaweit werden vor allem Gewürze, Trockengemüse und tiefgefrorene Garnelen bestrahlt. Von den EU-Mitgliedsstaaten nützen derzeit Belgien, Frankreich und die Niederlande die Methode kommerziell. Selbst von der WHO wird die Bestrahlung von Lebensmitteln zur Verhinderung von Nahrungsmittelinfektionen propagiert. Die langen gewinnträchtigen, sachlich aber nicht begründbaren Transportwege werden an dieser Stelle als Infektionsquelle nicht hinterfragt. Mit einer gigantischen Produktionssteigerung an Nahrungsmitteln ging seit den 50er Jahren eine drastische Reduktion der Artenvielfalt einher. Über Züchtungen würden sowohl bei Pflanzen als auch bei Tieren die ertragreichsten Arten selektiert und in großem Stil verbreitet. Dieser "langsame" Weg zur Gewinnmaximierung soll nun auf die rasende Bahn desgentechnischen Fortschritts gezwungen werden. Doch noch widersetzt sich die Natur. Das vielschichtige Gesamtgefüge der pflanzlichen und tierischen Stoffwechselphysiologie läßt derzeit vor allem Versuche scheitern, in denen es um Leistungsmerkmale geht, an denen sich mehrere Gene beteiligen. Gerade im erfolgversprechendsten und großangelegt genutzten Feld der gentechnischen Veränderung von Enzymen, Zusatzstoffen und Mikroorganismuskulturen will der Gesetzgeber keinen Schutzbedarf orten. In Deutschland können diese Stoffe It. Novelle des Gentechnikgesetzes 1993 ohne gesundheitliche Überprüfung in den Handel kommen, sofern sie keine lebenden genveränderten Organismen mehr enthalten. Dies trifft z. B. auf Backwaren und Bier, die mit Genhefe produziert wurden, zu.

Während über Etikettierung debattiert wird, hat die Lebensmittelindustrie nach der "Verordnung über den ökologischen Landbau" sogar das zynische Recht erreicht, auch genmanipulierte Lebensmittel als Öko-Produkte bezeichnen zu können. Das betrifft vor allem Milchprodukte die gentechnisch veränderte Mikroorganismen (z. B. Milchsäurebakterien) enthalten. Die Verlierer der Machtmaschinerien sind u.a. die Entwicklungsländer, in denen sich die Gentechniker aus den üppigen Ressourcen der Genvielfalt kostenlos bedienen und mit Patentierungen nicht nur die eigenen Gewinnmaximen vorbereiten, sondern mit der Zielrichtung der technischen Herstellung der derzeit exportierten Geschmacksstoffe den Menschen in diesen Ländern eine wesentliche Einkommensquelle entziehen. G. K

 

Laffert, Simone v.: Mund zu, Augen auf! Gentechnik und Bestrahlung - Nutzen und Risiken manipulierter Lebensmittel für den Verbraucher. München: Heyne, 1997. 192 S.,