Auf der Suche nach Überlebens-Mitteln

Ausgabe: 1996 | 2

"Der hat ja einen Vogel. .. '', läßt Karl Ludwig Schweisfurth, der als millionenschwerer Großindustrieller in Sachen Fleisch- und Wurstwaren auf eine - vorerst noch (7) - außergewöhnliche, und zugleich erfolgreiche Biographie zurückblicken kann, die Einschätzung mancher seiner Weggefährten der früheren Jahre wohl ein wenig ironisch anklingen, und er kontert, mit Blick auf seine Erfahrung, mit einem "Gott sei Dank". Himmlischem Beistand allein ist die Karriere des gelernten Metzgers, der sich zu einer Zeit, da sich andere Wirtschaftskapitäne auf ihren Pfründen ausruhen, indes nicht zu verdanken. Es waren, wie er berichtet, vielmehr die kritischen Fragen seiner Kinder, die ihn veranlaßten, über die Schattenseiten seiner Branche, die Perversion der Nutztierhaltung in industriellem Maßstab, nach- und darüber hinauszudenken - und zu handeln. Unterstützt von Freunden und Bekannten ist er konsequent darangegangen, "die Dinge vom Kopf wieder auf die Beine zu stellen". Die südlich von München gelegenen „Hermannsdorfer Landwerkstätten" , die im Sinne praktizierter Agrar-Kultur darauf ab-   zielen, Leben, Arbeit und Technik im besseren Einklang mit der Natur zu realisieren, das in Aufbau befindliche „Lerndorf " in Sonnenhausen - wo man sich v.a um Bauen mit der Sonne und in Solidarität beschäftigt - und die im Bereich nachhaltiger landwirtschaftlicher Projekte in den neuen Bundesländern und transdisziplinären zukunftsorientierten Dialogs engagierte Stiftung Karl Ludwig Schweisfurths (München) sind ebenso überzeugende wie erfolgreiche Beispiele konkreter Veränderung. Als Zielgröße zukunftsverträglichen Handelns ist "ÖQ", der ökologische Quotient, für den Autor mehr als artgerechte Tierhaltung, biologische Landwirtschaft oder Nahversorgung. Er bedeutet darüber hinaus auch selbstbestimmtes Miteinander, die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen und die Möglichkeit, Arbeit als Freude und Lust zu empfinden: Wer dieses Buch zur Hand nimmt, bekommt davon viel vermittelt, denn positiv und zuversichtlich stimmt die Schilderung des Machbaren; das vielfältige Werken vor Ort - auf Feld und Flur, in Käser- oder Brauerei sowie in der Küche macht nachhaltig Appetit auf bewußt(er)es Leben, und die von Hans-Georg Kortmann in Bild- und Zeichensprache umgesetzte Botschaft, die in etwa ein Drittel des Bandes einnimmt, ist eine Bereicherung. Wie immer man dieses Buch auch zur Hand nimmt: Es ist, von allen Seiten betrachtet, ein Gewinn. W Sp.

Schweisfurth, Karl Ludwig: Auf der Suche nach Überlebens-Mitteln / Mitdenken aus Überlebens-Lust. München: Hugendubel. 177 S. + 80 S. bebild., Anhang.