Die zwölf Beiträge dieses Bandes entstanden größtenteils aus Vorträgen, die-im Sommersemester 1995 in Rahmen der Reihe ”Gentechnik und Ethik" am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg gehalten wurden. Die Diskussion konzentriert sich auf die Anwendung der Gentechnik am Menschen und enthält Pro- und Kontrastandpunkte. Das Buch gliedert sich in einen grundsätzlicheren und einen pragmatischeren Teil. Nach einer einführenden Darstellung des Diskussionsfelds durch den Herausgeber Elstner, Biophysiker in Heidelberg, wägt der Leiter des Genzentrums in München, Ernst-Ludwig Winnacker, Nutzen und Risiken der Gentechnik gegeneinander ab und plädiert für ihre verantwortungsvolle Nutzung. Mit den ethischen Problemen genetischer Diagnostik befaßt sich Gerhard Wolff (Humangenetiker in Freiburg). Oft wird ein genetischer Test gewünscht, um eventuelle erbliche Belastungen festzustellen; zugleich bestehen aber begründete Ängste, daß solche Ergebnisse in die Hände Dritter gelangen und zu Diskriminierungen führen könnten. Eindeutige moralische Orientierungen stehen noch nicht zur Verfügung. Elisabeth Beck-Gernsheim (Soziologin in Erlangen) kommt in ihrem Beitrag "Wer heilt, hat Recht?" zum Schluß: "Die Frage ist nicht, ob die Gentechnik "gut" oder "schlecht" ist, sondern ob genug Zeit bleibt für solche Abwägungsprozesse." Kurt Bayertz und Christa Runtenberg, Philosophen in Münster, analysieren die Typen des moralischen Diskurses über die Gentechnologie, und Regine Kolek, Hamburger Professorin für biotechnische Technikfolgenabschätzung in der Medizin, fordert einen professionellen Diskurs über die Risiken verschiedener Handlungsalternativen. Im zweiten Teil des Buchs geht es um Verfahren des gesellschaftlichen Umgangs mit Gentechnik. Der Herausgeber und der Tübinger Philosoph Niels Gottschalk beschreiben gemeinsam einige partizipatorische Verfahren aus jüngeren Jahren im Umgang mit umstrittenen Innovationen. Bernhard Gill, Soziologe in München, wendet sich gegen eine Verabsolutierung des Konsenses und plädiert für eine Streitkultur. die im Einzelfall zu tragbaren Kompromissen führen könne. Detlef Garbe, langjähriger Leiter der Stuttgarter Akademie für Technikfolgenabschätzung, beschreibt das für Baden-Württemberg durchgeführte Projekt ”Biotechnologie/Gentechnik - eine Chance für neue Industrien?", der Tübinger Theologe Dietmar Mieth untersucht die Rolle von Ethikzentren, Ethikkommissionen und Beratergruppen für den öffentlichen Diskurs. Abschließend analysiert der Leipziger Philosoph Christoph Hubig das Spannungsverhältnis zwischen institutioneller und individueller Verantwortung und schlägt Möglichkeiten des Dissensmanagements vor. Insgesamt enthält der Band wichtige Beiträge zum Thema auf hohem Niveau. A. R.
Gentechnik, Ethik und Gesellschaft. Hrsg. v. Marcus Elstner. Berlin (u.e): Springer-Verl., 1997. 250 S., DM 88,/ sFr 77,50/ öS 642,40