Mitbestimmung in der Bundesrepublik Deutschland

Ausgabe: 1992 | 2

Mitbestimmung, verstanden als demokratische Gestaltung der Arbeitsbedingungen, hat maßgeblich zur   sozialen Abfederung des wirtschaftlichen Strukturwandels beigetragen. Neue Technologien, politische Einheit und EG-Binnenmarkt bedeuten für das deutsche Mitbestimmungsmodell in Zukunft eine große Herausforderung, die den Autor veranlasst hat, eine Bestandsaufnahme vorzunehmen. Zunächst werden Funktion, rechtliche Grundlagen und institutionelle Ausgestaltung dieses Modells beschrieben. Neben Darstellungen zur Praxis der Mitbestimmung im Betrieb kommen Ergebnisse aus dem Forschungsvorhaben "Mitbestimmung am Arbeitsplatz und neue Technologien" zur Sprache. Eine an Dialog und Kooperation orientierte Unternehmenskultur wird als Zielvorgabe genannt. Schließlich stehen Interessen, Methoden und Defizite der Betriebssoziologie zur Diskussion. Die zukünftige Entwicklung scheint für Kißler geprägt durch neue Technologien, die die Mitbestimmung im Aufsichts- und Betriebsrat erschweren. Gefordert ist hier auch eine Forschung, die vernetzt und praxisorientiert vorgeht. Eine Neuorientierung ist darüber hinaus insofern angezeigt, als Sozialforschung verstärkt auch Politikberatung sein sollte. In den neuen Bundesländern sieht der Autor die Mitbestimmung als Instrument des kooperativen Krisenmanagements, das aber Gefahr läuft, an Akzeptanz zu verlieren. Aus der Errichtung von EG-Aktiengesellschaften schließt er auf eine weitere Schwächung demokratischer Teilhabe. Angesichts dieser vielschichtigen Bedrohungen lohnt es, die "utopische Potenz der Mitbestimmungsidee zur wirklichkeitsgestaltenden Kraft" neu zu beleben. AA

Kißler, Leo: Die Mitbestimmung in der Bundesrepublik Deutschland. Modell und Wirklichkeit. Marburg: Schüren, 1992. 173 S., DM 19,80/sFr 16,80/öS 154,40