Axel Honneth

Axel Honneth: Der arbeitende Souverän

Ausgabe: 2024 | 1
Axel Honneth: Der arbeitende Souverän

Der blinde Fleck der Demokratietheorie sei die soziale Arbeitsteilung, die darüber entscheidet, wer wie viel Einflussmöglichkeiten auf den Prozess der demokratischen Willensbildung besitzt, so Axel Honneth, der fünf Schwellen  als Voraussetzung nennt, dass die Erfahrungen in der Arbeit nicht von der Demokratie entfremden: Wirtschaftliche Unabhängigkeit bei der Mitbestimmung, die sich etwa durch Mindestlöhne  erreichen ließe; Arbeitsfreie Zeit  für die Beteiligung an demokratischen Prozessen; Selbstachtung und Selbstwertgefühl, die im Arbeitsprozess nicht verloren gehen dürfen; Übung in der demokratischen Mitbestimmung; Die Art der Arbeit beeinflusst, wie sehr man sich mitzusprechen traut – sinnentleerte repetitive Arbeit untergräbt die Fähigkeiten der Mitgestaltung.

Honneth beschreibt die aktuellen Trends in der Arbeitswelt und alle geben Grund zur Sorge. Gesellschaftliche Arbeit wird zunehmend arbeitsteilig geleistet, immer isolierter ist man bei der Erfüllung immer spezifischer Tätigkeiten. Der Zwang zur Innovation und die hohe Geschwindigkeit des Wissenszuwachses führen zur immer stärkeren Ausdifferenzierung von Organisationen in immer kleinere Einheiten. Diese Spezialisierung führt auch dazu, dass man immer öfter in Projekten arbeitet, nicht mehr in Abteilungen. Etliche Sozialbeziehungen am Arbeitsplatz dauern nur mehr so lange wie Projekte. Die neu entstehenden personennahen Dienstleistungen, die Familienarbeit ersetzen, wiederum führen Arbeitnehmer:innen oft allein zu den Orten ihrer Arbeitsverrichtung. Und diese und andere Arbeitsplätze sind zunehmend prekarisiert, oft befristet oder nur auf wenige Wochenstunden angelegt. All diese Entwicklungen sind der Idee, dass der Arbeitsplatz als Ort der Demokratie erlebt wird, abträglich. Als Maßnahmen zugunsten einer Stärkung der Demokratie wünscht sich der Autor Reformen in der Arbeitswelt. Vor allem Mitbestimmung in den Betrieben und bei der Arbeit könnte ein Einüben von Demokratie ermöglichen und diese auch gesamtgesellschaftlich stärken. Aber man müsse das Problem grundlegender angehen: Wie kann die Arbeitsteilung verändert werden, die jetzt mit Spezialisierung, Prekarisierung und Isolierung demokratischer Aktivität entgegensteht? Diesen Reformen in der Arbeitswelt stellt Honneth die Idee anderer Arbeitserfahrungen zur Seite. Er denkt an staatliche Dienstverpflichtungen für gesellschaftliche Tätigkeiten. Dies würde Einblick in andere Lebenswelten gewähren und so auch gesellschaftliche Solidarität stärken.