Aus der verwirrenden Fülle von Nachrichten und Voraussagen über die Zukunft ein Gesamtbild zu schaffen", ist der selbstgestellte Anspruch des Autors, der seit 1929 in Brasilien lebt und dort als Unternehmensberater tätig ist. Wer nun an dieser Stelle eine Unternehmerfibel nach dem Muster "Neues Managen" erwartet, wird enttäuscht, denn Lenhard sucht im ersten Teil des Buches nachzuweisen, dass unsere politischen, sozialen und vor allem auch wirtschaftlichen Systeme nicht in der Lage sind, den Anforderungen an die Zukunft gerecht zu werden. Die Diskrepanz von grundsätzlich begrüßenswertem Fortschritt in Wissenschaft und Technik sowie die vergleichsweise viel zu zögerliche Erprobung sozialer Innovationen wird als wesentliches Zukunftsrisiko gesehen: So sind atomare und ökologische Zerstörung Höhe- und Endpunkt eines elfstufigen Schemas, nach welchem die Gesetze liberalen Wirtschaftens beschrieben werden. Der zweite Abschnitt zeigt Auswege aus der Bedrohung auf: Neben "neuen und den Umständen angepassten Formulierungen der Ethik" verdienen zwei Aspekte hervorgehoben zu werden: Lenhard votiert für die gesetzliche Anerkennung der Schweigepflicht, die u. a. Wissenschaftler bewahren könnte, zukunftsgefährdende Entdeckungen weiterzuleiten, wobei als Kontroll- und Beratungsinstanz ein Laienkollegium fungiert. Zur Überwindung der Bürokratie und zur Stärkung demokratischer Strukturen empfiehlt der Verfasser ein Modell der Volksabstimmung, in der jeweils 7 Personen ihre Entscheidung selbst erarbeiten und delegieren, ohne dass die politische Vertretung zu Machtmissbrauch führt, da "Bürgerkommissionen" auch die Arbeit von Behörden und Unternehmen begleiten könnten. Eine im positiven Sinne dilettantische Arbeit, die über weite Strecken Bekanntes wiederholt, zuweilen auch unzulässig polarisiert, aber im entscheidenden Punkt durchaus Anregendes bietet.
Lenhard. Kurt L.: Die Zukunft - Traum oder Alptraum? Gefahren - Möglichkeiten - Aufgaben. Frankfurt/M.: Haag + Herchen, 1990. 200 S., DM 23, 10/ sFr 19,80/ öS 180