„Unterwerfung“ definiert Blom als „kollektiven Wahn [...], der vollkommen entfesselten Idee nämlich, der Mensch [...] stehe außerhalb und über der Natur und könne, ja müsse sie unterwerfen. Dieses Menschenbild begreift sich als erhaben über Tiere und andere Lebewesen, sieht die Natur als Kulisse seiner eigenen Ambitionen und als Rohstofflager.“ (S. 15) Im Buch will der Autor diese Entwicklung in drei Kapitel nachzeichnen.
Zur Interaktion von Mensch und Natur
Das erste Kapitel „Mythos“ umfasst Erzählungen aus unterschiedlichen geografischen Räumen über Interaktionen zwischen Mensch und Natur. Dabei sei an Roland Barthes Mythos-Begriff erinnert, der die Natur als Grund der Geschichte annimmt. (Barthes 1964: 17) Blom zeigt das beispielsweise an der biblischen Erzählung von der Entstehung der Welt und dem Appell Gottes an die Menschheit, sich die Erde untertan zu machen.
Eurozentrismus und der Erste Weltkrieg
Das zweite Kapitel „Logos“ skizziert die Entwicklung des Eurozentrismus. Historisch betrachtet war China die wirtschaftsstärkste Kraft. Mit der Aufgabe der Seewege und Handelsknoten in Asien und Afrika profitierte Europa, das soeben mit der Schiffsfahrt vertraut wurde. Dazu kamen Versorgungsengpässe einer immer größer werdenden Bevölkerung sowie die Gefahr von Aufstände, die China aufhielten, sich dauerhaft zu exponieren, so Blom. (S. 135ff.) Die europäischen Kolonialmächte des 18. und 19. Jahrhunderts beuteten ohne Rücksicht auf Natur und Mensch sämtliche Ressourcen ihrer Kolonien aus und hinterließen Spuren, die heute postkoloniale und feministische Theorien zunehmend ins Bewusstsein rücken. An dieser Stelle sei vor allem die (wissenschaftliche) Einteilung der Menschen in Rassen erwähnt, die Machtansprüche legitimieren sollen und die uns heute durch die Schicksale von Angelo Soliman oder Saartjie Baartman überliefert sind. Auch die Natur wurde als starre Konstante angenommen, an deren Ressourcen sich die Mächtigen bedienten.
Der Erste Weltkrieg markierte einen Wendepunkt, indem den Menschen klar wurde, „dass die Maschinen dem Menschen die Herrschaft über die Natur aus der Hand reißen könnten, um sich selbst zu Herrschende aufzuschwingen, völlig rational und perfekt konstruiert“ (S. 275). Das abschließende Kapitel „Kosmos“ geht auf die Vernichtungen der jüngeren Vergangenheit ein, die Abwürfe der Atombomben (hier zitiert Blom Robert Jungk, S. 284) und den Holocaust, als Negativbeispiele verfremdeter Gewalt.
Nach einer kurzen Auseinandersetzung mit dem Wirtschaftsliberalismus, der Blom zufolge 1968 zur zivilgesellschaftlichen Forderung nach Gleichheit beitrug, versucht er die Prinzipien der Aufklärung auf zukünftige Debatten weiterzudenken, die Menschenrechte und ein achtsamer Umgang mit der Natur miteinschließt. Er schließt mit einer Frage, die die Leser:innen für sich zu beantworten haben: „Wie lässt sich die Welt auch philosophisch bewohnbar machen? Ist es möglich, aus der denkerischen und sprachlichen Aufspaltung der Realität und ihrer Logik der Unterwerfung auszubrechen? Das wäre exakt im Sinne eines Ausgangs aus der eigenen Unmündigkeit.“ (S. 343)
Eine überzeugende Lektüre
Bloms „Die Unterwerfung“ überzeugt durch das Zusammenspiel aus Kulturanalyse, historischer Fundierung und philosophischer Interpretationen. Der Autor wirft Fragen auf, die nicht nur das eigene Konsumverhalten zugunsten einem klimaschonenden Handeln hinterfragen, sondern scheut nicht vor den großen Fragen des lokalen Zusammenlebens in einer globalisierten Welt.