Katharina van Bronswijk

Klima im Kopf

Ausgabe: 2023 | 1
Klima im Kopf

Katharina van Bronswijk ist als Sprecherin der Psychologists and Psychotherapists for Future gut vertraut mit den komplexen Zusammenhängen zwischen Umweltkrisen und psychischer Gesundheit. In „Klima im Kopf“ geht sie auf die Bedeutung von Gefühlen im Kontext des Klimahandelns ein – auf jene, die die sich häufenden Katastrophen(-meldungen) in uns auslösen, und auf jene, die uns Kraft geben, uns zu engagieren. „Emotionen sind evolutionär dazu da, uns zum Handeln zu bewegen. Daher ist es schade und schädlich, sie aus der Debatte um die Klimakrise künstlich heraushalten zu wollen“, ist van Bronswijk überzeugt. (S. 19) In acht Kapiteln skizziert die Psychotherapeutin Gründe für Verdrängen und Nicht-Handeln („Achselzuckend in die Apokalypse“). Sie beschreibt die Rolle von Gefühlen wie „Klimaangst“ oder „ökologische Trauer“, zeigt, was diese in uns bewirken und wie wir mit ihnen gut umgehen können. Und sie benennt die strukturellen Bedingungen, die uns zum falschen bzw. richtigen Verhalten führen.

Widersprüchliche Botschaften im Alltag als Dilemmata

Eines der Dilemmata sind die widersprüchlichen Botschaften, mit denen wir tagtäglich gefüttert werden, meint van Bronswijk: „Es stellt sich ja niemand hin und zerstört aus aktivem Willen die Natur, weil er oder sie das toll findet. Wir leben nur in einer Gesellschaft, in der uns nahegelegt wird, als Individuen Entscheidungen treffen zu müssen, die die Natur schädigen, um am Ende unseren Selbstwert zu füttern.“

(S. 122) Es bringe nichts, sich wegen unseres Wohlstands Schuldgefühle zu machen. Unsere Privilegien erforderten aber eine entsprechende Verantwortung, „dieses System zu hinterfragen und daran zu arbeiten, dass es gerechter und besser wird“ (S. 127). Wenn wir planetary health erreichen wollen, also die Gesundheit des Planeten und unsere eigene, müssen wir die krankmachenden Strukturen hinterfragen und überwinden, so die Expertin: „Wir müssen auch neu darüber nachdenken, wie wir als Gesellschaft miteinander umgehen wollen.“ (S. 134) Als Konsequenz fordert sie „echte Partizipationsmöglichkeiten“ sowie ein „Grundeinkommen“ (S. 136), um die Gesellschaft lebendiger zu machen.

Forderung nach individueller und gesellschaftlicher Resilienz

Van Bronswijk spricht blinde Flecken der über lange Zeit sehr abstrakt geführten Klimadebatte an – sie verwendet das Bild vom Eisberg, von dem nur die Spitze, die Fakten, zu sehen sind, nicht jedoch die Emotionen, die unter der Oberfläche bleiben. Sie lässt uns teilhaben an ihrem psychologischen Wissen und ihren Erfahrungen als Psychotherapeutin. Etwa warnt sie vor den Gefahren von Regression in Krisenzeiten, betont aber die Notwendigkeit gemeinsamen politischen Handelns im Sinne von „kollektiver Selbstwirksamkeit“ (S. 138), für die es viel mehr „Lösungsgeschichten“ (S. 190) brauche. Ein Buch, das individuelle und gesellschaftliche Resilienz fordert und den Klimadiskurs allemal bereichert.