Die Bürgerbewegungen in der DDR

Ausgabe: 1993 | 4

"Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan - er kann gehen ... " Dieser klassische Ausspruch charakterisiert am besten das brutale Zurückdrängen jener aktiven Bürgerinnen, die sich lange vor 1989 in der DDR (und anderen kommunistischen Ländern) nicht nur gegen die Regime, sondern auch für gewaltfreie, basisdemokratische, soziale und ökologische Alternativen zum Kommunismus und Kapitalismus engagiert hatten. Gewaltsame Machtkämpfe in anderen Regionen Europas zeigen die tragischen Folgen traditioneller Politik. Daß neue Ansätze Zeit und Freiräume benötigen, um sich zu entwickeln, zeigten u.a. die "Runden Tische" aller veränderungswilligen Kräfte, die sich nach dem Zusammenbruch der DDR bemühten, nicht nur die Altlasten (z.B. den Geheimdienst "Stasi") aufzuarbeiten, sondern auch einen gesamtdeutschen Verfassungsentwurf zu erarbeiten. Die überhastete Wiedervereinigung hat diese Arbeit abgewürgt und auch die Bürgerbewegungen In das Korsett traditioneller Parteien und ihres Parlamentarismus gedrängt. Diesem Zwang muß sich der Zusammenschluß von "Bündnis '90" und "Grünen" zu einer Partei stellen. Andere wollen ihr außerparlamentarisches Engagement in einem Netz "Forum Bürgerbewegung" bündeln. Diese Entwicklungen und die damit zusammenhängenden Prozesse (vom Ende der 70er Jahre bis Ende 1991) haben Aktivistinnen der "ersten Stunde" aus Ostberlin in diesem Buch skizziert und mit vielen Dokumenten belegt. Westberliner Sozialwissenschaftler bemühten sich im Dialog mit ihnen um eine objektivierende, aber auch solidarische Analyse - die leider die Folgen einer (vor)herrschenden Politik dokumentierend zur Kenntnis nehmen muß. M. R.

Die Bürgerbewegungen in der DDR und in den ostdeutschen Ländern. Hrsg v Gerda Haufe ... Wiesbaden: Westdt. Verl., 1993. 326 S., DM 54,- / sFr45,80/ öS 421,20