Chomsky: Wirtschaft und Gewalt. Vom Kolonialismus zur neuen Weltordnung

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Fünfhundert Jahre nach der "Entdeckung" Amerikas durch die Europäer und drei Jahre nach dem scheinbar. weltweiten Sieg des Kapitalismus tritt Noam Chomsky mit Befunden an die Öffentlichkeit, die deutlich machen, dass die Selbstgerechtigkeit der "Sieger" fehl am Platze ist. Seien es die Handelsbeschränkungen, mit denen die reichen Länder sich vor Importen aus den Ländern des Südens schützen, seien es die dirigistischen Interventionen des Staates im Sinne der großen Wirtschaftsunternehmen - am besten abIesbar im Bereich der Rüstungsindustrie (Chomsky spricht von "Staatskapitalismus" und "militärischem Keynesianismus"), oder sei es die Kooperation mit Militärdiktaturen und Folterknechten (soweit sie den eigenen Interessen dienen) - an zahlreichen Beispielen zeigt der Autor die Gewalttätigkeit des expansiven pseudoliberalen westlichen Wirtschaftsmodells auf und hinterfragt die Ambivalenz und Scheinheiligkeit von Begriffen bzw. Werten wie" freier Markt", "Demokratie" oder "Menschenrechte". Was als "Freihandel" bezeichnet wird, sei ein "System der weltwirtschaftlichen Herrschaft der multinationalen Konzerne", die 25-50% des Weltumsatzes auf sich vereinigen, Wirtschaftsliberalismus entpuppt sich als Protektionismus im Sinne der Habenden.

In akribischen Recherchen hat Chomsky Belege für seine Thesen zur Gewalttätigkeit des westlichen Wirtschaftssystems und seiner ideologischen Kaschierungen gesammelt und eine umfangreiche Geschichte des Kolonialismus von seinen Anfängen bis zur Gegenwart vorgelegt, die sich kein Blatt vor den Mund nimmt und keine dunklen Flecken ausspart. Chomskys Zeitrechnung beginnt mit dem Jahre 1492.

Selbstzufriedenheit kann sehr schnell zu gefährlicher Kurzsichtigkeit werden. Auch die Nationalökonomien der industrialisierten Länder geraten in die Krise, die Globalisierung der Produktion und Märkte schafft neue Verlierer auch in den Wohlstandsgesellschaften. "Neue Armut" ist kein Schlagwort mehr, sondern längst Realität. Die Slums in US-amerikanischen Städten sind für Chomsky ein Beispiel dafür, dass Dritte-Welt-Zustände auch in die reichen Zentren zurückkehren werden. So muss das Aufzeigen von Unrecht weitergehen.

Transparenz ist eine notwendige Bedingung wirklicher Demokratie. Menschen, die hinter die Kulissen blicken, die Schein und Wirklichkeit von einander trennen, die kämpferisch anklagen und vorbehaltlos analysieren wie Chomsky sind dabei unverzichtbar In kürzerer Form nachzulesen sind die Thesen des Autors in: Chomsky, Noam: Was Onkel Sam wirklich will. Zürich: Pendo, 1993. 158 S. H. H. 


Chomsky, Noam: Wirtschaft und Gewalt. Vom Kolonialismus zur neuen Weltordnung. Lüneburg: zu Klampen, 1993. 438 S., DM 58,- / sFr 53,40 / ÖS 453,-