Biophotonen. Das Licht in unseren Zellen

Ausgabe: 1995 | 2

Spätestens seit Tschernobyl scheint das Weiterklärungsmonopol der "exakten" Naturwissenschaften gebrochen. Immer mehr Menschen suchen Sinn und Halt in verschiedensten Formen der Esoterik, während Skeptikern nach wie vor die Beschäftigung mit Begriffen wie "Äther", "Aura", "Strahlungen", “Enerqiefeld ", "lebendes Wasser", fernöstlichen Weltbildern, homöopathischen und anderen alternativen Ansätzen in der Medizin nur ungläubiges Lächeln entlockt. Die Biophotonenforschung, über die der Wissenschaftsjournalist Bischof mit diesem Buch eine weltweit erste systematische Darstellung gibt, könnte ein Beitrag zu Überwindung dieser unfruchtbaren Antithese sein. Wie das? Nachdem schon fernöstliche Vorstellungen und im Abendland Paracelsus und die vitalistische Tradition Vorstellungen von nichtstofflichen “Energiekörpern ", "Wesenslicht" u. ä. nachgegangen waren, gelang 1922 erstmals dem russischen Mediziner Alexander Gurwitsch und ab 1975 vor allem dem Marburger Biophysiker Fritz A. Popp und seinem Team der naturwissenschaftliche Nachweis, daß lebende Zellen Lichtquanten aussenden und speichern.

Inzwischen sind einige Eigenschaften und Funktionen dieses Phänomens näher erforscht: das Zell-Licht besitzt eine dem Laser vergleichbare hohe Kohärenz und wirkt offenbar am Informationsaustausch und interzellulären Steuerungsvorgängen mit. Fragen der Art, ob und welche Rolle dem Biophotonenfeld bei der Bildung von Gewebestrukturen zukommt oder ob sich daraus neue Einsichten über das ergeben, was wir Seele nennen, ist u. a. noch Gegenstand der theoretischen Diskussion; einige praktische Anwendungen der Biophotonik sind hingegen schon weit fortgeschritten, vor allem in der Krebsdiagnostik und -therapie sowie in der Schadstoffanalyse.

Gliederung und Darstellung sind, was bei Büchern dieser Thematik leider eher die Ausnahme ist, von überzeugender Sachlichkeit und innerer Logik. Zunächst gibt der Autor einen Überblick über die historischen Vorstufen und Vorläufer, dann folgt eine Darstellung der physikalischen Grundlagen; als nächstes eine exakte Beschreibung der aufgefundenen Phänomene, darauf der heute schon umgesetzten sowie der in Entwicklung befindlichen Anwendungen; zum Schluß ein Ausblick, in dem philosophische Perspektiven erörtert werden. Ein exzellentes Stück Wissenschaftspublizistik in beispielhafter Qualität von Darstellung und editorischer Ausstattung und ein wichtiger Beitrag zur Diskussion eines aktuellen Weltbilds.

M. R.

Bischof, Marco: Biophotonen. Das Licht in unseren Zellen.

Frankfurt/M.: Zweitausendeins, 1995. 522 S., DM / sFr 44,- / ÖS 343,50