Arbeitsutopien, Verhältnis Arbeit - Zeit - Geschlecht

Ausgabe: 1994 | 3

Auch wenn Claus Offe vor mehr als 10 Jahren das "Ende der Arbeitsgesellschaft" diagnostiziert hat, ist die Bedeutung der Arbeit als wissenschaftlicher Begriff und als gesellschaftliche Realität nach wie vor enorm. Für die Klassiker des modernen Arbeitsbegriffs war der unauflösbare Zusammenhang zwischen Arbeit und gesellschaftlichem Denken geradezu ein Postulat. Seine Gültigkeit ist bis heute im Wesentlichen unbestritten. Um diesen engen Konnex zwischen Arbeiten und Denken geht es der Autorin des vorliegenden Bandes. Der Weg, diesen zu analysieren, führt für sie über Utopien, über Gedankenmodelle also, die mit der Realität radikal brechen. Dabei stellt sie zunächst die Arbeitskonzepte von Max Weber und Karl Marx ausführlich dar. Vor diesem theoretischen Hintergrund werden moderne Konfliktbereiche gesellschaftlicher Arbeit behandelt.

Die gegenwärtigen Konfliktbereiche zeigen sich für die Autorin zum einen im Verhältnis zwischen Arbeit und Zeit. In diesem Teil behandelt sie Vorschläge einer zukünftigen Arbeitszeitpolitik, die sich auch als Gesellschaftspolitik verstehen. Obwohl Ansätze von Arbeitszeit-Utopien seit Thomas Morus existieren, finden sich gegenwärtig kaum wirkliche Zeitutopien, sondern lediglich Ansätze dafür. (Dies scheint insofern verwunderlich, als - vgl. das aktuelle Buch über das Volkswagen-Modell - in der Praxis neue Arbeitszeitkonzepte sehr wohl zur Umsetzung gelangen.) Bei der Analyse des Verhältnisses zwischen Arbeit und Geschlecht, dem zweiten Hauptobjekt dieser Untersuchung, steht die Frage der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung und ihrer gesellschaftlichen Folgen im Mittelpunkt. Dass beide Verhältnisse der gesellschaftlichen Arbeit - Zeit und Geschlecht - Herrschaftsverhältnisse sind, ist die Kernaussage dieses Buches. Die Zukunftsaufgabe lautet, das jeweils dieses Verhältnissen innewohnende Emanzipationspotential zu erarbeiten und ihm zum Durchbruch zu verhelfen. Dazu leistet dieses Buch zumindest einen ideengeschichtlichen Beitrag.

J. P

Maurer, Andrea: Moderne Arbeitsutopien. Das Verhältnis von Arbeit, Zeit und Geschlecht. Opladen: Westdt. Verl. 1994. 200 5., DM 36, - / sFr 33, 10 / öS 281