Einführung der 4-Tage-Woche im VW-Konzern

Ausgabe: 1994 | 3

Eines der arbeitszeitpolitischen Großereignisse der letzten Monate war zweifellos die Einführung der 4-Tage-Woche beim deutschen VW-Konzern. Damit wurde innerhalb kürzester Zeit etwas vollzogen, was Arbeits(zeit)theoretiker und -praktiker wie Gewerkschaften in jahrzehntelangem Kampf nicht erreichen konnten. Das Buch - verfasst vom VW-Personalchef Peter Hartz - gibt aufschlussreiche Einblicke in dieses aufsehenerregende Konzept und dessen Umsetzung.

Ausgangspunkt dieses Zwischenberichtes - denn zahlreiche Maßnahmen des Gesamtkonzeptes sind noch nicht umgesetzt - war die Krise der Autoindustrie, die Kostensenkungen bei den europäischen Produzenten notwendig machte. Eine entsprechende betriebswirtschaftliche Kalkulation bei VW ergab dann, dass das Modell der 4-Tage-Woche sich als wesentlich günstiger erwies als Massenentlassungen. Massenentlassungen wirken sich darüber hinaus auch negativ auf die Arbeitsmoral der Mitarbeiter und das Image des Konzerns aus. Aus diesen Gründen stieß man bei VW auf das nunmehr umgesetzte Konzept.

Die Arbeitnehmer müssen die dadurch gewonnene Arbeitsplatzsicherheit durch Lohnverzicht kompensieren. Ein Kernbegriff in diesem Band ist jener der „Zumutbarkeit". den der Autor breit diskutiert und verteidigt. Ergänzt werden soll das 4-Tage-Woche-Modell durch Maßnahmen zur Neuverteilung der Lebensarbeitszeit, durch Blockzeiten und Gründung einer Coaching-Gesellschaft zur Weiterbildung und Höherqualifikation. Aus den Darstellungen wird sehr rasch klar, dass neue Arbeitszeitkonzepte sehr wohl umsetzbar sind, wenn betriebswirtschaftliche Überlegungen dies erfordern.

Internen Berechnungen zufolge konnte durch das vorgestellte Modell eine Kostensenkung pro Fahrzeug von 13 Prozent erreicht werden, Massenentlassungen hätten lediglich Kostensenkungen von 6 Prozent bewirkt. Aus diesem Blickwinkel betrachtet und angesichts der Tatsache, dass bei besserer Konjunktur dieses Konzept wieder rückgängig gemacht wird, wird klar, dass der emanzipatorische, humanistische Aspekt der Maßnahme eher im Hintergrund bleibt.

J. P


Hartz, Peter: Jeder Arbeitsplatz hat ein Gesicht. Die Volkswagen-Lösung. Frankfurt/M.: Campus, 1994. 1955., DM 29,80/ öS 233,-/ sFr 30,80