Karsten Hoffmann, Gitta Walchner, Lutz Dudek (Hg.)

24 wahre Geschichten vom Tun und Lassen

Online Special
24 wahre Geschichten vom Tun und Lassen

Wirtschaftliches Handeln nicht allein am finanziellen Gewinn auszurichten – so wichtig dieser für jedes Unternehmen ist –, sondern Erfolg ganzheitlich zu sehen, ist das Ziel der Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ). Eine transparente und demokratische Unternehmenskultur, faire Löhne, die Einhaltung menschenrechtlicher Standards entlang der gesamten Güterkette sowie ökologische Nachhaltigkeit zählen in diesem Sinne ebenso zu einem verantwortungsvollen Wirtschaften wie schwarze Zahlen in der Bilanz. Vor gut zehn Jahren gegründet, umfasst die Bewegung der Gemeinwohl-Ökonomie mittlerweile mehr als 2.000 Unternehmen in mehreren Ländern. Viele davon haben bereits eine Gemeinwohl-Bilanz erstellt. Und auch Regionen und Gemeinden unterstützen die Idee.

Wie diese Gemeinwohlorientierung in der Praxis aussieht, zeigt ein Band mit Porträts von Unternehmen und Gemeinden, die sich auf eine Gemeinwohl-Bilanzierung eingelassen haben. 24 wahre Geschichten vom Tun und vom Lassen lautet der Titel des Buches. Wobei damit kein absoluter Wahrheitsanspruch verbunden wird, sondern gezeigt werden soll, dass der Ansatz praktisch gelebt wird und auch funktioniert. Erzählt werden die Erfolgsgeschichten von jenen, die die Unternehmen sowie die porträtierten Kommunen  neben Landgemeinden in Friesland, Bayern und Vorarlberg auch die Stadt Stuttgart  in der Erstellung der Gemeinwohl-Bilanz begleitet haben, also die zertifizierten GWÖ-Berater:innen. Als gemeinsamer Faden in den Geschichten ist dabei auszumachen, dass sich alle Porträtierten meist seit längerer Zeit zu ihrem verantwortungsvollen Wirtschaften bekennen und die Struktur der Gemeinwohl-Matrix als strategische Grundlage zur nachhaltigen Unternehmensentwicklung nutzen. Mehrere der Vorgestellten haben auch andere Nachhaltigkeitsauszeichnungen in ihrer Firmengeschichte zu verbuchen wie den deutschen Nachhaltigkeitspreis.

Entwicklungspotenziale erkennen

Einige der vorgestellten Unternehmen sind per se gemeinwohlorientiert, wie ein Betrieb für Menschen mit besonderen Bedürfnissen, oder eine PR-Agentur, die bewusst vor allem für gemeinnützige Organisationen arbeitet, auch wenn dort die Honorare weniger üppig ausfallen. Und viele verweisen schon mit den angebotenen Produkten auf Nachhaltigkeit, wie ein erfolgreicher Bio-Tofu-Hersteller, ein Produzent von Bio-Kräutern, ein Unternehmen, das mit Bauten aus dem nachwachsenden und klimaneutralen Rohstoff Holz punktet, eine Outdoor-Bekleidungsherstellerin, deren Kund:innen Naturnähe auszeichnet, oder ein Mineralwasserhersteller, der auf Plastikflaschen verzichtet. Dennoch werden, dies zeigen die Berichte, mit dem Tool der Gemeinwohl-Bilanz Entwicklungspotentiale von zu wenig beleuchteten Bereichen des jeweiligen Unternehmens entdeckt. Damit wird auch eine große Chance nutzbar gemacht, dieses positive Wirken – nach innen und nach außen – transparenter zu machen.

Neben diesen beim Thema Nachhaltigkeit naheliegenden Porträts werden in dem Buch aber auch speziellere Unternehmen vorgestellt, wie eine Buchbinderei, die sich zum Ziel gesetzt hat, dieses alte Kunsthandwerk zu erhalten und neu zu beleben. Man findet auch solche, die nicht unbedingt die „Öko-Nische“ bedienen, wie ein Fertigungsbetrieb für moderne Steuerungs- und Messysteme, oder eine Regionalbank, die für ein reformiertes Finanzwesen eintritt. Und es sind nicht nur Kleinbetriebe, die sich der GWÖ-Bewegung anschließen, sondern auch solche mit Jahresumsätzen von mehreren Millionen Euro. Gemeinsam ist allen Porträts, dass ökologische Nachhaltigkeit allein nicht reicht für eine Gemeinwohl-Bbilanz. Mitarbeiterführung, der Umgang mit den Kunden oder Zulieferern, das Engagement in der Region sowie in Netzwerken u.a.m. spielen ebenso eine wichtige Rolle.

Ein inspirierendes Buch

Ein inspirierendes Buch, das zudem in Sonderkapiteln auf spezielle Themen eingeht, etwa „Gemeinwohl und Finanzwende“, die „Gemeinwohlmatrix 2.0 für Gemeinden“ oder auf Bestrebungen auf europäischer Ebene, die nichtfinanzielle Berichterstattung für Unternehmen zu implementieren. Die GWÖ-Bewegung hat hierfür durchaus bereits wertvolle Pionierarbeit geleistet. Denn Ziel muss sein, wie etwa auch bei der Bewegung des Fairen Handels, dass letztlich menschen- und umweltfreundliche Standards für alle wirtschaftlichen Akteur:inne und Aktivitäten geschaffen werden.