Zur Zukunft der beiden deutschen Republiken

Ausgabe: 1990 | 3

Es mag in der Tat nichts Ungewöhnliches sein, dass Geschriebenes von der Wirklichkeit überholt oder ins Abseits gedrängt wird. Historisch betrachtet, nimmt diese Publikation jedoch einen besonderen Stellenwert ein. Als erste Gemeinschaftsproduktion von Verlagen aus beiden Teilen Deutschlands zu Beginn dieses Jahres konzipiert, sollte der Band den zuversichtlichen Titel "Hoffnung DDR" tragen und Möglichkeiten der Entwicklung jenseits kapitalorientierter Marktwirtschaft und eines Sozialismus stalinistischer Prägung sondieren. Kritische Intellektuelle, aber auch Politiker des linken Spektrums, sondieren Perspektiven eines basisdemokratischen Sozialismus, der - so glaubte und hoffte man - in der DDR erprobt, und weit darüber hinaus hätte wirken können. Ob eine ökologische Alternative gefordert (R. Bahro, A. Vollmer), neue Perspektiven für die Linke in Europa entwickelt (R. Land, O. Kallscheuer) oder demokratische Informations- und Arbeitsstrukturen als Chance für die Zukunft skizziert werden (R. Jungk u.a.) - die Geschichte hält es vorerst mit Günther Grass, der als "Vaterlandsverräter" aus freien Stücken vor einem "neuen Großdeutschland" warnt. Im rasanten Lauf der Ereignisse ist dieser Band Protokoll vergebener Chancen und Plädoyer für eine menschlichere Zukunft zugleich. 

"Nichts wird mehr so sein, wie es war". Zur Zukunft der beiden deutschen Republiken. Mit Beiträgen v. Rudolf Bahro ... Hrsg. v. Frank Bohm u. Werner Herzberg. Frankfurt: Luchterhand, März 1990. 233 5., DM 16,80/ sFr 14,40/ öS 131,-; zugleich erschienen bei Reclam-Verlag, Leipzig, 233 S., DM 7,50