In diesem dritten Teil der Serie "Abschied vom Kalten Krieg" entwirft der Autor ein optimistisches Szenario 2000. Seiner Ansicht nach befinden wir uns gegenwärtig in einer Phase, "weiche die Wendung bringen könnte von der konfrontativen zur kooperativen Koexistenz". Voraussetzung dafür ist, daß Gorbatschow nicht gestürzt wird und Osteuropa nicht aufbegehrt. Im Gegensatz zu den Militärs, die stets in worst-case-Szenarios denken, dreht Sommer die Sache um in ein best-case-Szenario. Wie kann also nun der bestmögliche Verlauf der künftigen Entwicklung aussehen? Bis zum Jahre 2000 werden die strategischen Arsenale beider Supermächte einschneidend reduziert, auch Frankreich, Großbritannien und China werden in den Abrüstungsprozeß eingebunden. Die ersten Schritte beim Abbau konventioneller Streitkräfte werden noch vor der Jahrhundertwende realisiert. Die EG wird allmählich zu einer Politischen Union. In Osteuropa wird sich der Block mehr und mehr auf die Gleichgesinntheit der Reformer gründen. Im wirtschaftlichen Bereich bilden sich zwischen Ost und West neue, begehbare Pfade der Zusammenarbeit aus. Die EG bietet Möglichkeiten der Assoziierung und längerfristig sogar der Mitgliedschaft an.
In Deutschland wird die Lage ebenfalls nicht unverändert bleiben. Westreisemöglichkeiten für DDR-Bürger werden fortschreitend erleichtert und erweitert. Lange wird sich zwar die SED-Führung wehren, schließlich aber doch ihre Grenzen öffnen, die Berliner Mauer einreißen und die 1400 Kilometer lange deutsch-deutsche Trennungslinie abbauen.
Dieses best-case-Szenario skizziert für Sommer "eine Zukunft, die besser ist als alle anderen realpolitisch denkbaren Möglichkeiten". Womit die Zweifel für eine Realisierung angesprochen sind. Im Blick auf Friede und Umwelt wird die Überwindung des Kalten Krieg nicht nur eine vage Hoffnung bleiben können. Es gibt zwar "keine Erfolgsgarantie für das Drehbuch des besten Falles", dafür aber eine Notwendigkeit.
Sommer, Theo: Chance für einen Neubeginn. Ost und West haben die Möglichkeit, von der Konfrontation zur Kooperation überzugehen. In: Die Zeit. 1988, Nr. 31, S. 7