Robert Skidelsky

Automatisierung der Arbeit

Ausgabe: 2021 | 2
Automatisierung der Arbeit

„The Economic Possibilities of our Grandchildren“ – so lautete der Titel eines 1930 erschienenen und damals kaum beachteten Artikels des später berühmt gewordenen Ökonomen John Maynard Keynes. 15 Stunden pro Woche würden die Menschen um die Jahrtausendwende noch arbeiten, so die damalige Prognose. Der britische Wirtschaftshistoriker Robert Skidelsky ist in dem gemeinsam mit seinem Sohn Edward verfassten Buch Wie viel ist genug? der Frage nachgegangen, warum es nicht so gekommen ist. In seinem neuen vier Essays umfassenden Band Automatisierung der Arbeit: Segen oder Fluch? führt er die Frage weiter.

Skidelsky ist überzeugt, dass weniger zu arbeiten im 21. Jahrhundert aufgrund der Auto-matisierung durchaus Realität werden könnte. Da die Produktivitätsfortschritte derzeit lediglich der „kreativen Klasse“ und den Eigentümern der Maschinen, den „Kapitalisten“, zugutekämen (S. 25), seien wir jedoch noch nicht soweit. Ökonomisch gesprochen: es gibt keine „Einkommenseffekte“, die für die Mehrheit ei-ne freie Wahl zum Weniger-Arbeiten zuließen. Dazu kommt laut Skidelsky die Ausrichtung des Wirtschaftssystems auf permanentes Wachstum und Konsumsteigerung. Mit der Abkehr vom Statuskonsum und einer anderen Verteilung der Produktivitätsfortschritte wäre eine Neuorientierung jedoch durchaus möglich: „Wir müssen die Gewinne so umleiten, dass sie die Bediener der Maschinen erreichen.“ (S. 25)

In den folgenden Essays vertieft Skidelsky seine Argumentation. Er geht ein auf die wirtschaftswissenschaftlichen Debatten über den Ersatz von Menschen durch Maschinen, etwa auf das „Konzept der Kompensation“ (S. 36) – demnach steigt die Konsumnachfrage durch Automatisierung, was neue Arbeitsplätze schaffe; er referiert Studien über die Verluste von Arbeitsplätzen durch die weitere Digitalisierung und reflektiert die Chancen und Risiken von Künstlicher Intelligenz sowie „Deep Learning“ („Die Ausweitung der schwachen KI über die Ökonomie hinaus auf andere Lebensbereiche sollte uns Sorgen bereiten.“ S. 64). Schließlich plädiert er für eine neue Ethik jenseits des „grenzenlosen Konsums“ und für das Erziehen „der Menschen zur Freizeit“ (ebd.). Im Schlusskapitel, verfasst im Auftrag des Schattenschatzkanzlers der Labour-Party, John McDonnell, skizziert Skidelsky konkrete Schritte zu einer stufenweisen Verkürzung der Arbeitszeiten. Ein zukunftsweisendes, aktuelles Buch.