Folgt man der wie immer stichhaltigen und durch zahlreiche Fakten gut gestützten Argumentationskette dieses 14. Lageberichts, so sind Elend und Erfolg globaler Umweltpolitik symptomatisch an den Folgen der Konferenzen von Rio (1992) und Montreal (1987) festzumachen. Wie Christopher Flavin im ersten der insgesamt 8 Kapitel des (zeitgleich in 27 Sprachen) publizierten Bandes darlegt ist das Vermächtnis von Rio bislang nicht erfüllt, denn "auf die weltweite, umfassende Herausforderung, Umweltstrategien in die Wirtschaftspolitik zu integrieren, ist bislang nicht reagiert worden". Um die Ziele der "Agenda 21" zu erreichen, müßten die Entwicklungsländer jährlich ·600 Mia. $ investieren. Wie Maurice Strong, der kanadische Generalsekretär der Konferenz in Rio, feststellte, müßten nicht weniger als 125 Mia. $ von den Industrieländern beigesteuert werden, d. i. mehr als das doppelte der tatsächlichen Transferleistungen. Um ökologische Verantwortung politisch angemessen ins Spiel zu bringen, schlägt Flavin in Parallele und Ergänzung der weltweit wichtigsten Wirtschaftsnationen CG 1") eine Allianz der führenden Umweltmächte (USA. Rußland, Japan, BRD, China, Indien, Indonesien, und Brasilien) vor. Die "E 8" ("Environmental Powers") vereinen 56% der Weltbevölkerung, erwirtschaften 59% des Sozialprodukts, produzieren 58% der C-Emissionen und haben 53% der Wälder auf ihrem Territorium. Gemeinsam erarbeitete, verbindliche Strategien mit dem Ziel der Verringerung des Bevölkerungswachstums - dieses ist vom Höchstmaß von 2,1% Jahreszuwachs in den 60er Jahren auf 1,5% (1996) gefallen - und des Ressourcenverbrauchs könnten, so Flavin, als Katalysatoren der Umweltpolitik fungieren. Einmal mehr macht Lester Brown auf die Nahrungsmittelknappheit als neue Herausforderung des 21 Jahrhunderts aufmerksam: So steht dem jährlichen Zuwachs der Weitbevölkerung um 90 Mio. Menschen die Stagnation der Fischfangquoten seit 1989 gegenüber, sind Wassermangel und erschöpfte Böden weltweit die Voraussetzung dafür, daß China um 2030 auf etwa 200 Mio. Tonnen Getreideimport angewiesen sein wird, was gegenwärtig dem Gesamtvolumen des jährlichen Weltexports entspricht. Dem epidemischen Anwachsen chronischer Erkrankungen v. a. in den Entwicklungs- und Schwellenländern (2020 dürften sie viermal so viel Todesopfer fordern wie Infektionskrankheiten; 2025 werden voraussichtlich 10 Mio. Menschen wegen Tabakkonsums sterben, was einem Zuwachs von 700% 0) in nur einer Generation entspricht), der Ökologie der Klimaveränderung (Insekten sind für schnellen Wandel "prä-adaptiert" und gefährden die Existenz der Monokulturen) sowie dem Wert der Natur (traditionelles Wirtschaften ist, wie am Beispiel des Hadejia-Jama'are-Überschwemmungsgebietes in Nigeria dargestellt, etwa um das fünffache ertragreicher als kapitalintensive Bewässerung; als neue Bemessungsgrundlage des realen, ökologischen Fortschritts wird der GPI-Indikator [„Genuine Progress lndicator"] vorgestellt) sind weitere Kapitel gewidmet. Michael Renner, am Worldwatch Institute für Fragen des Friedens und der Atomtechnologie zuständig, plädiert für einen ”neuen Begriff der Sicherheit". An die Stelle einer "Kultur der Gewalt", die auf (zunehmend ineffiziente) militärische Stärke setzt, sollten präventiv ökologische und soziale Herausforderungen in den Blick genommen werden. David M. Roodman schließlich wirbt für eine umfassende Reform des Subventionswesens (Stichwort: "Cowboy-Wirtschaft"), um Eigenverantwortung und bürgerschaftliche Solidarität zu stärken, daß neben kritischer Analyse und konkreten Perspektiven des möglichen Wandels auch in gemeinsamem Willen begründete Erfolge zu vermelden sind, zeigt Hilary F. French in einer überwiegend ermutigenden Bilanz der in Montreal vereinbarten Maßnahmen zum Schutz der Ozonschicht Die Produktion von Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) - sie sind für die Ausdünnung der vor UV-Strahlung schützenden Schicht hauptverantwortlich - ist von 1988-1995 weltweit um 76% zurückgegangen, und auch wenn es nicht gelungen ist. negative Folgen zeitgerecht zu verhindern, so kann es, fortgesetztes Engagement vorausgesetzt, doch gelingen, den Schutzschild der Erde bis etwa zum Jahr 2045 wieder zu schließen. Das ist eine wichtige Botschaft, denn sie verdeutlicht daß vereinter Einsatz um zukunftstauglichen Wohlstand für alle lohnt! W Sp.
Zur Lage der Welt 1997. Daten für das Überleben unseres Planeten. Hrsg. v. Worldwatch Institute. Frankfurt/M.: Fischer, 1997. 314 S., DM / sFr 24,90 / öS 182