Versöhnung von Ökonomie und Ökologie?

Ausgabe: 1995 | 3

Ob jene Versöhnung von Ökonomie und Ökologie, nach der im Titel gefragt wird, eine Neuheit wäre, erscheint keineswegs gewiß. Denn bereits die Grundbedeutung von Ökonomie, "sinnvolles Haushalten" läßt als kompatibel erscheinen, was die Praxis des Industrialismus freilich in zwei antagonistische Blöcke geteilt hat. Erst die ökologische Krise verschaffte dem Gedanken eines vorausschauenden, schonenden Umgangs mit Ressourcen, etwa in Gestalt des" sustainable development", wieder Beachtung.

Johannes Berger zeigt, wie unterschiedliche soziologische Theorieansätze hinsichtlich der Ursachen von Naturzerstörung und der Gründe für umweltschädigendes Verhalten die Beziehung von Wirtschaft und natürlicher Umwelt beurteilen. Auf praktischen Erfahrungen beruhen hingegen die Gedanken von Georges Fülgraff, der die Arbeit der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages "Schutz des Menschen und der Umwelt", an der er mitwirkte, kritisch beurteilt. Oftmals sind es gerade die schillernden Zauberwörter und Beschwörungsformeln, von der "nachhaltigen Entwicklung" bis zur inflationären Verwendung des Attributs "ökologisch", die als Ersatz für konkretes Handeln instrumentalisiert werden.

In der daraus entstehenden Behaglichkeit aus werbeindustriell gesteuerten Illusionen und selbst erzeugtem guten Gewissen versucht Hans Diefenbacher durch konkrete Vorschläge, etwa zu den Bereichen Rüstungsproduktion und Automobilindustrie, kreative Unruhe zu stiften. Die Beiträge von Natascha Pieper und Markus Fahs nehmen dann zwei ökologische Informationsinstrumente ins Visier: Die Ökobilanz und das Öko-Audit. Erfolgsaussichten werden der Ökobilanz erst nach der Behebung methodischer Mängel und ihrer umfassenden Einbettung in eine ökologische Unternehmenspolitik zugebilligt. Was die Öko-Audit-Verordnung der EU betrifft, so wird das Zusammenspiel aus Freiwilligkeit der Teilnahme (für Unternehmen), aus der wettbewerbspolitische Probleme entstehen können, mit starren, hierarchischen Vorgaben hinsichtlich der Managementstruktur als kontraproduktiv angesehen.

Es zählt zweifellos zu den Vorzügen des vorliegenden Sammelbandes, eine ausgewogene Mischung aus nüchternen, am Realitätsprinzip orientierten Analysen zu präsentieren, ohne dabei den Blick für das Visionäre gänzlich zu verlieren. Die letztgenannte Dimension wird vor allem durch den Beitrag von Anja Grothe-Senf inhaltlich gefüllt, der gedankliche Anstöße zu regional-orientierten, sozialökologischen Gesellschaftsformen geben will, denen der Gegensatz von Ökonomie und Ökologie wohl unverständlich wäre.

G. S.