Club of Rome: Vom Bruttosozialprodukt zum Ökosozialprodukt

Ausgabe: 1995 | 3

Mit dem Bericht über die "Grenzen des Wachstums" rüttelte das Wissenschaftlerteam des Club of Rome zu Beginn der 70er Jahre die WeItöffentlichkeit wach. Ökologische Fragen haben seither an Bedeutung gewonnen, und doch steht Einzelerfolgen noch immer das alte "Weiterwirtschaften wie bisher" gegenüber. Die Grenzen des Wachstums seien mittlerweile erreicht, ohne daß wir uns dessen bewußt geworden wären, konstatiert nun dieser neue Club-of-Rome-Bericht. In seinem Zentrum steht die Kritik am herkömmlichen System der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR), das sich nach wie vor an der Steigerung des Bruttosozialproduktes (BSP) orientiert, jedoch den Abbau und die Erschöpfung der natürlichen Ressourcen gänzlich außer acht läßt.

So leben wir in einem Paradox: "Während die Natur verfällt, sagen uns die wichtigsten wirtschaftlichen Indikatoren, daß es uns gut geht und weiteres Wachstum möglich ist." Zudem ist Wachstum des BSP längst nicht mehr mit Wohlstandssteigerung gleichzusetzen, tragen doch auch die Produktion von Waffen, die Zunahme von Unfällen oder die notwendig gewordenen ökologischen Reparaturmaßnahmen, die sogenannten “defensivausqaben ", zum Wachstum des BSP bei. Wouter van Dieren, Direktor des Instituts für Umwelt- und Systemanalyse in Amsterdam, hat im Auftrag des Club of Rome UmweltWirtschaftswissenschaftlerinnen aus aller Welt - unter ihnen Persönlichkeiten wie Hazel Henderson oder Paul Ekins - eingeladen, alternative Berechnungsmodelle für nachhaltigen Wohlstand zusammenzutragen und auf deren Praktikabilität zu prüfen Beispiele hierfür sind etwa der in Großbritannien entwickelte" Index for Sustainable Economic Weltare " (ISEW) oder der vom United Nations Development Programm (UNDP) verwendete" Human Development Index".

Die Autoren schlagen letztlich zwei Berechnungswege vor: "mehrdimensionale Indikatorenbündel", die neben den herkömmlichen Wirtschaftsdaten auch Statistiken etwa über den Zustand von Gesundheit, Bildung und Umwelt einer Gesellschaft ausweisen, sollen ergänzt werden durch einen geänderten Index in Form eines Ökosozialprodukts (ÖSP) das die neuen Wohlstandsparameter - bei allen Schwierigkeiten, die dabei auftreten - auch monetär erfaßt. Einmal mehr ruft dieser Band die Defizite des gegenwärtigen Weltwirtschaftssystems in Erinnerung (der Nord-Süd-Problematik ist dabei ein eigenes Kapitel gewidmet). Er endet mit zehn Empfehlungen an die Staatengemeinschaft, wie eine international koordinierte Umweltberichterstattung sowie an Nachhaltigkeit orientierte Wirtschaftserfolgsmessungen erreicht werden könnten. "Wir messen, was uns viel bedeutet", sind die Autoren der Studie überzeugt und bringen damit die Hoffnung zum Ausdruck, daß neue Meßverfahren letztlich auch zu einer neuen Sichtweise von zukunftsfähigem Wohlstand führen.

H. H.

Mit der Natur rechnen. Der neue Club-of-RomeBericht. Vom Bruttosozialprodukt zum Ökosozialprodukt. Hrsg. v. Wouter van Dieren. Basel (u.a.): Birkhäuser, 1995, 330 S., DM / sFr 29,80 / ÖS 232,40