Ökologie und Marktwirtschaft

Ausgabe: 1996 | 2

In einer fakultätsübergreifenden Ringvorlesung an der Universität Mannheim wurde der Versuch unternommen, Ökonomie und Ökologie einander näherzubringen. Die Ergebnisse dokumentiert der vorliegende Band. Den Beginn setzen Geographen, die Wege einer nachhaltigen Nutzung von Ökosystemen an den Beispielen tropische Regenwälder, Sahelzone und Alpen veranschaulichen, wobei - bei aller Unterschiedlichkeit der Regionen - die Gefahren externer Interessen (etwa Exportmonokulturen dort, Massentourismus und Transit hier) herausgearbeitet und auf die Notwendigkeit vielfältiger Nutzungskulturen gedrängt wird. Aus soziologischer Sicht wird in der Folge die Rolle von Umweltnormen untersucht, deren Bedeutung weniger in der individuellen Verhaltensänderung (dieser stünden individuelle Nutzenkalküle sowie das “Trittbrettfahrer"-Prinzip entgegen) als vielmehr in der Erhöhung der Durchsetzbarkeit verbindlicher Umweltstandards für alle gesehen werden (Legitimitierungsproblem). Zu ähnlichen Schlußfolgerungen gelangt ein Beitrag über das Mobilitätsverhalten, das - so die Autoren - nicht durch Einsicht und Vernunft, sondern nur über ordnungsrechtliche Maßnahmen und marktwirtschaftliche Anreize verändert werden könne. Auch der Herausgeber des Bandes, Peter Eichhorn, vertraut in seinem Beitrag über Umweltschutz als Unternehmensziel mehr auf konkretes Öko-Controlling und die Bestellung von Umweltbeauftragten als auf unverbindliche, auf" Hochglanzpapier " präsentierte Umweltberichte. Ein Klimabeitrag referiert den aktuellen Stand der Forschung sowie die Palette der politischen Umsteuerungsvorschläge (C02-Steuer u.a.): sein Autor, Olav Hohmeyer, kommt dabei zum pessimistischen Schluß, daß es zu Veränderungen erst kommen werde, "wenn katastrophale Schadensereignisse mit zehntausenden Toten in Europa, Japan oder den USA stattgefunden haben". Optimistischer hingegen äußert sich Eibe Riedel in seinen Ausführungen zum internationalen Umweltrecht, wenn er der Rio-Erklärung ähnliche Breitenwirkung wie seinerzeit der KSZE-Menschenrechtsschlußakte von Helsinki (1975) zubilligt. Die janusköpfige Komplexität der Industriegesellschaft macht eine Untersuchung über den logistischen Aufwand des Recyclings von Autos deutlich, der durch die geplante Altfahrzeugverordnung anfallen und neuen Verkehr induzieren wird. So fehlt dem Band, der überdies Beiträge zum Zusammenhang von Umwelt und Gesundheit sowie zur Umweltbildung enthält, wahrscheinlich der kulturgeschichtliche oder sozialpsychologische Zugang, ist doch Umweltzerstörung niemals nur rational zu erfassen und eine Trendumkehr nicht allein durch bessere Technologien, Gesetze und Verordnungen zu erreichen; vielmehr bedarf es auch der Bereitschaft zu nachhaltigen Lebensweisen. H.H.

Ökologie und Marktwirtschaft. Probleme, Ursachen und Lösungen. Hrsg. v. Peter Eichhorn. Wiesbaden: Gabler, 1996. 205 S.,