Überlegungen für das 21. Jahrhundert

Ausgabe: 1992 | 1

Wird sich die Menschheit selbst zum Tode verurteilen? Können wir das Scheitern der Ideologien ertragen? Sind wir in der Lage, Wirklichkeit komplex zu denken? Mit diesen existentiellen Fragen beschäftigt sich Edgar Morin - er leitet das Zentrum für Interdisziplinäre Studien an der "Ecole des Hautes Etudes en Sciences Sociales" in Paris - und seine Kollegen auf ebenso gründliche wie nachvollziehbare Weise. Sie legen dar, dass die Moderne nicht nur ein historisches Phänomen, ein Leitgedanke, sondern auch ein Glaubensbekenntnis war: Die Geschichte, so wollte man meinen, schreite auf unterschiedlichen Pfaden ihrer Vollendung entgegen: Demokratie, Sozialismus und Industriegesellschaft fungierten als Zielvorgaben. Heute wird klar, dass wir uns nicht im Endspurt befinden, sondern eher im sich verdichtenden Nebel der Komplexität umhertappen Diese Einsicht verlangt nach einer anderen Art der Orientierung und mahnt zu Vorsicht und Zurückhaltung, da die Wirklichkeit nicht wie bisher in Schablonen zu pressen ist. Das 21. Jahrhundert fordert von uns einen Neubeginn, der multidimensionalen Phänomenen Rechnung trägt und Widersprüche nicht einebnet, sondern zulässt. Was dies beispielsweise für die Weiterentwicklung der Demokratie bedeutet, welchen Wandel Subjekt und Freiheit, Revolution und Autonomie durchlaufen werden, ist auch Gegenstand dieses Essays, der in der Fülle düster stimmender Texte helle Akzente setzt. Walter Spielmann

Marin, Edgar; Bocchi, Gianluca; Ceruti, Mauro: Einen neuen Anfang wagen. Überlegungen für das 21. Jahrhundert. Hamburg: Junius, 1992. ca. 220 S., ca. DM 28,- / sFr 23,70/ öS 218,40 (erscheint im Mai).