Milena Glimbovski

Über Leben in der Klimakrise

Ausgabe: 2023 | 4
Über Leben in der Klimakrise

„Warum wir jetzt über Klimaanpassung sprechen müssen“ lautet der Untertitel des vorliegenden Buches und sehr verkürzt ließe sich sagen: Warum? Weil es zu spät ist. Die Krise ist nichts Zukünftiges, wir befinden uns mitten in ihr. Klimaschutz ist schon lange nicht mehr Antwort auf die Frage, ob es schlimm wird, sondern wie schlimm es wird, ob die Erde 2100 für den Menschen noch bewohnbar sein wird, oder eben nicht. Klimaanpassung muss mittlerweile entsprechend Hand in Hand gehen mit Klimaschutz, um mit bereits aktuellen und unweigerlich bevorstehenden Herausforderungen umgehen und leben zu lernen. Milena Glimbovksi widmet sich dieser Thematik in ihrem Buch „Über Leben in der Klimakrise“.

Sie erklärt in einem ersten Teil, warum Klimaschutz allein eben nicht mehr ausreicht, warum es notwendig ist, uns und die menschengemachte Welt um uns herum anzupassen; spricht dabei über Konsum und Aktivismus, über psychologische Kraftanstrengungen. Der zweite Teil widmet sich dann den Klimaanpassungen. Glimbovski verwebt ihre Recherchen mit eigenen Erfahrungen, liefert einen gehaltvollen Überblick, weist auf Not- und Missstände hin, schlägt strukturelle wie private Maßnahmen vor. Es geht etwa um die Frage nach Energie, Landwirtschaft, Migration, Wirtschaft. Es geht auch um Wasserversorgung, ein Punkt, der im Vergleich zu den oben genannten Bereichen im öffentlichen Diskurs unterzugehen scheint, der aber immense Sprengkraft hat. Nicht nur, weil die verbrauchte Menge an Trinkwasser die Menge an Grundwasser übersteigt, die nachgebildet wird, und wir uns de facto in einer weltweiten Wasserkrise befinden – klimaresiliente Städte würden hier übrigens auch helfen –, sondern gerade, weil Wasserentnahmen für industrielle Zwecke im Vergleich zu üblichen Preisen günstiger oder gar kostenlos sind. Glimbovski nennt hier Kohleabbau und Kohlekraftwerke, Chemie-, Auto- und Getränkefirmen und stellt fest: „Die Verteilungskämpfe vor Gericht sind bereits in vollem Gange, denn in Deutschland ist die Hierarchie bei der Wasserverwendung bisher nicht eindeutig geregelt“ (S. 82). 2021 hätten sich die Rechtsstreitigkeiten um Wasserrechte im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt, so die Autorin. Es wäre mehr notwendig als eine Preisanpassung für Konzerne und eine rechtlich festgelegte Nutzungshierarchie zugunsten von Klimaschutz und Klimaanpassung, diese wären aber sicherlich erste sinnvolle Schritte.