Susanne Götze, Annika Joeres

Klima außer Kontrolle

Ausgabe: 2023 | 3
Klima außer Kontrolle

Wie in ihrem Buch „Klimaschmutzlobby“ begeben sich Susanne Götze und Annika Joeres auch in ihrem neuen Werk „Klima außer Kontrolle“ auf eine Reise. Diesmal nicht zu den Klimamaßnahmenbremser:innenn und Verharmloser:innen, sondern zu den Schauplätzen der Auswirkungen der Klimakrise sowie zu jenen Forschungsstätten, die diese aufzeichnen und analysieren. Eines zieht sich durch die Reportagen: Verdrängung ist noch immer angesagt oder der, wie es im Schlusskapitel heißt, „Homo insipiens – der uneinsichtige Mensch“, bestimmt nach wie vor den Umgang mit dem menschengemachten Klimawandel. Der erste Schauplatz, die wiederaufgebauten Häuser nach der Flutkatastrophe 2021 an der Ahr, sind ein Sinnbild dafür. Unverständlich für die beiden, dass die Menschen wieder in der Gefahrenzone angesiedelt werden. Ein Beispiel für das Nicht-Wahrhaben-Wollen, dass sich mit der Klimakrise vieles ändern wird. Ähnlich die Bilder von Kunstschneebändern in den Alpen, die der verringerten Schneedecke trotzen möchten.

Wir sind schlecht vorbereitet

„Die Katastrophen sind bekannt – die Prävention nicht“, schreiben die beiden (S. 23). Sie zeigen auf, dass die kritische Infrastruktur wie Krankenhäuser oder Kraftwerke keineswegs auf Ereignisse wie Extremregenfälle oder Hitzewellen vorbereitet sind, auch wenn Klimawandelanpassung immer mehr zum Thema wird. Bauen in Überschwemmungs-gebieten wird ebenso problematisiert wie das Fehlen von Sicherheitsvorkehrungen bei Hangrutschungen in den Gebirgen. Es geht um aufgeheizte Städte, veraltete Architektur, zerstörte Böden, verlorene Ernten sowie gestresste Wälder. Bei all den Versäumnissen werden aber auch Positivansätze beschrieben: „Leuchttürme der Anpassung“, „Hitzeanpassung in Grün“, „Guter Boden, neues Ziel“ oder „Klimawald der Zukunft“ lauten einige der Kapitelüberschriften.

Anpassung ist nötig und möglich

Klimawandelanpassung müsse, so ein Resümee der Autorinnen, genauso zu einer verpflichtenden Aufgabe der öffentlichen Hand werden, wie Kindergärten, Wasserversorgung oder eine funktionierende Feuerwehr. Das Buch führt uns an viele Schauplätze des bereits wahrzunehmenden Klimawandels in Deutschland – bedeutend schlimmer erwischt es die Länder des Südens, die um vieles stärker betroffen sind und auch weniger Ressourcen für Anpassungen haben. Das Ziel der Autorinnen ist es aber, zu zeigen, dass es auch uns treffen wird. Nicht erwarten darf man vom Buch, was zur Begrenzung der Klimakrise zu tun ist – all die hierfür nötigen Wenden sind ja mittlerweile gut und vielfach beschrieben. Wer sich auf die Reportagen einlässt, erfährt aber auch von jenen Menschen, die den Klimawandel wissenschaftlich beobachten, Statistiken anlegen, Messungen durchführen, Daten aufbereiten. Und man wird informiert über erste Frühwarnsysteme, die es bereits gibt, etwa Sensoren, die auf bevorstehende Hangrutschungen verweisen. Ein aufrüttelndes, journalistisches Werk zweier Redakteurinnen von „Spiegel“ und „Zeit“.