Über ganzheitliches Denken

Ausgabe: 1989 | 3

Noch ist es durchaus ungewöhnlich, Architektur, Design und Produktentwicklung hinsichtlich ihres Einflusses auf die Umwelt zusammenhängend zu betrachten. Und doch ist offensichtlich, daß die Materialien, Formen und Strukturen, mit denen wir uns umgeben, uns und unsere Umwelt prägen. Ausgehend von einem Abriß der jüngsten Architekturgeschichte stellt die Autorin ökologische Problembereiche als Folge einer Produktionsideologie dar, die Zusammenhänge nicht erkennt oder erkennen will. Erst unter dem wachsenden Druck der Ereignisse wird versucht, Schäden zu begrenzen. "Unternehmen pro Umwelt" sind so überwiegend Ausdruck einer "end-of-pipe"-Mentalität, die Schaden eingrenzen will, anstatt ihn zu vermeiden. Beredtes Beispiel dafür ist etwa auch der "Blaue Engel", mit dem das Bundesumweltamt vergleichsweise schadstoffarme Produkte auszeichnet, während Naturprodukte im Ringen um die Aufmerksamkeit des ökologisch orientierten Konsumenten leer ausgehen. Exemplarisch stellt die Autorin jedoch auch positive "Unternehmen pro Umwelt" vor: Recyclingkonzepte, neue Produktionsverfahren und eine Expertise der PROGNOS AG, Basel, aus der hervorgeht, daß sich die Schadstoffmenge aus dem Bereich der kunststoffverarbeitenden Industrie Deutschlands mit einem Mehraufwand von nur 1% des Jahresumsatzes (1,4 Mrd. DM) um 70% reduzieren ließe. Im Folgenden werden neue Ansätze im Bereich der Umweltforschung (Technikfolgenabschätzung, UVP) kritisch beleuchtet und auf ihre Tauglichkeit im Umfeld von Produktentwicklung und Design überprüft. Die Vielfalt von Recycling-Konzepten (Wiederverwendung bis Weiterverwertung) kommt dabei ebenso zur Sprache wie Ansätze zu einem ökologischen Marketing. Daß der oft nur rhetorisch beschworene Wertewandel zunehmend in der Praxis zu greifen- beginnt, ökologische Kriterien in Planung und Produktion Eingang finden, wird beschrieben. Das Hamburger Unternehmen E. Winter und B.A.UI.M., eine Beratungsgruppe für umweltbewußtes Management seien exemplarisch genannt. Das Buch schließt mit einem Blick auf eine künftige Architektur, die neues Wissen in einer sanften, umweltschonenden Bauweise umsetzt und damit Lebens- und Arbeitsbedingungen schafft, die u. a. Auswüchse konsumorientierten Freizeitverhaltens korrigieren helfen könnte. Die Erkenntnis, daß' eine "Architektur der Gewalt" etwa den Massentourismus bedingt, der als "Flucht aus der Zerstörung die Fortsetzung der Zerstörung mit anderen Mitteln ist weist auf die Tragweite der hier angesprochenen Thematik hin. 

Ein nicht nur Fachleuten zu empfehlendes Buch, das den Anspruch vernetzten Denkens nicht bloß einfordert, sondern exemplarisch einlöst.

 

Möller, Evelyn: Unternehmen pro Umwelt. Ansätze ganzheitlichen Denkens in Politik und Wirtschaft, Architektur, Produktentwicklung und Design. München: Lexika-Verl., 1989. 245 5.,