
Die 2012 erschienene Streitschrift „Befreiung vom Überfluss“ des Vordenkers für eine Postwachstumswirtschaft Niko Peach hat die Diskurse über eine Transformation des Wirtschaftens wesentlich mitgeprägt. Der Umweltökonom – aktuell lehrt und forscht er als Professor im Bereich Plurale Ökonomie an der Universität Siegen – hat früh vor der Illusion gewarnt, dass die Umwelt- und Klimawende ausschließlich mit neuen Technologien zu bewerkstelligen sei, denn auch diese seien materialintensiv. Paech argumentierte aber auch mit dem trügerischen Wohlstandsversprechen des Konsumkapitalismus: Wir hätten gar nicht die Zeit und Aufmerksamkeit, uns allen Dingen, mit denen wir uns umgeben, gebührend zu widmen. Daher gehe es eben um die Befreiung von unnötigem Ballast, um die Konzentration auf das Wesentliche. Radikal war seine Vorstellung von einer 20:20-Gesellschaft, in der 20 Stunden Erwerbsarbeit mit 20 Stunden Eigen- und Sorgearbeit gekoppelt würden. Einer teilweisen Deindustrialisierung würde eine Kultur des Instandhaltens, Selber-Machens und einer wiederbelebten Nachbarschaftshilfe folgen. „Frei ist nicht, wer möglichst viel hat, sondern möglichst wenig braucht“ – dieses Motto von Paech brachte ihm auch Kritik von Linken ein, die darin Sozialromantik oder das Vergessen der Verarmten, die es auch in unseren reichen Gesellschaften gäbe, vermuteten. Im soeben erschienen Update des streitbaren Textes bleibt Paech seiner Grundhaltung treu: nur durch die Abkehr von unserem exzessiven Konsum- und Mobilitätsstil wäre so etwas wie Nachhaltigkeit, aber auch globale Gerechtigkeit zu erreichen. Denn in unserer „Bequemokratie“ hätten wir uns eingerichtet mit einem gigantischen Fremdversorgungssyndrom. Dies führt den Autor nun dazu, dass die Hinwendung zu Suffizienz im ureigenen Interesse läge, da wir in unsicherer werdenden Zeiten auf Resilienz und Selbstorganisation angewiesen sein würden. Paech sieht eine Ausweitung des Ansatzes einer Postwachstumsstrategie in den wissenschaftlichen Diskursen. Er sieht auch ein Anwachsen von vielfältigen Projekten der Selbstversorgung sowie der Regionalökonomie. Ein „gezielt oder freiwillig eingeleiteter Strukturwandel zum Weniger“ lasse sich daraus noch nicht ableiten, denn diese Dynamik – so die Hoffnung des Autors -verharre noch in Nischen, „weiterhin darauf lauernd, sich bei geeigneter Gemengelage gesellschaftlich auszubreiten“ (S. 10).








