Werner Onken

Marktwirtschaft ohne Kapitalismus

Ausgabe: 2025 | 1
Marktwirtschaft ohne Kapitalismus

Werner Onken ist ein Vertreter der Geldreformlehre. In seinem dreibändigen Werk „Marktwirtschaft ohne Kapitalismus’ beschreibt er alle ökonomischen Theorien seit Adam Smith und Karl Marx. Anknüpfend an frühe Anhänger dezentraler und stationärer Wirtschaften wie Stuart Mill, den Konzepten der frühen Ordoliberalen einer sozialen Marktwirtschaft sowie den Vordenkern des „Small is beautiful“ wie Leopold Kohr und Ernst Friedrich Schumacher, entwirft er das Bild einer „egalitären nachkapitalistisch-bürgerlichen Marktgesellschaft“ (S. 19). Onken erinnert an frühe Bodenrechts- und Geldreformer:innen, er plädiert für strengere Anti-Monopol-Gesetze und eine Dezentralisierung der Unternehmen und Investitionen sowie für Schwundgeld. Das bürgerliche Privateigentum sei nicht das Problem, sondern die Konzentration des Kapitals in den Händen weniger. Ein breit gestreutes Eigentum würde die politische Zivilgesellschaft stärken, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie schützen. Onken spricht von einer „Zweiten Moderne“, die an die früheren Aufklärer anknüpft. Eine fiskalische Umverteilung, die Autoren wie Thomas Piketty und Joseph Stiglitz fordern, sei ein erster, aber nicht hinreichender Schritt; Kapital und Unternehmen seien breiter zu streuen.

Im Zuge der Coronakrise und der damit einhergehenden weiteren Verschuldung der öffentlichen Haushalte erinnert Onken an das Konzept eines Schwundgeldes. Der US-Ökonom Kenneth Rogoff habe noch tiefere Negativzinsen gefordert, um das vorhandene Kapital dem Markt zuzuführen. Die angedachten Digitalwährungen würden es erleichtern, Negativzinsen umzusetzen. Nachdem die Geld- und Bodenreformgedanken Jahrzehnte lang von der Ökonomie vernachlässigt wurden, wäre es unrealistisch, zu erwarten, dass sofort ausgereifte Konzepte verfügbar wären, so Onken. Entscheidend sei, „dass im Bewusstsein der großen Verantwortung für die Lösung der multiplen ökonomisch-ökologisch-medizinischen Gesamtkrise überhaupt eine intensive wissenschaftliche Diskussion über die Theorie und Praxis der Geld- und Bodenreform und ihre Übersetzung in eine allgemeinverständliche ökonomische Bildung in Gang kommt“ (S. 1255).

Vorschläge zu Dekonzentration von Unternehmen und Vermögen finden sich bei mehreren Autor:innen. Über Schwundgeld wird ähnlich wie über die Vollgeldreform kontrovers diskutiert. Geld würde durch Schwundgeld seine Funktion als Wertspeicher verlieren, Banken nur mehr eine Verwaltungsgebühr einheben, so der Gedanke. Das Ziel sei, dass Vermögende ihr Geld nicht horten, sondern investieren. Die Freigeldlehre wurde auch von antisemitischen Kreisen missbraucht, was ihr geschadet hat, auch wenn einer der Begründer der Geld- und Bodenreform, Silvio Gesell, damit nichts zu tun hatte. Kritisiert wird aber auch, dass die Reduzierung auf den Zins und Zinseszins zu kurz greife, Ausbeutung im Kapitalismus eine viel stärkerer Rolle spiele und Schwundgeld nicht alle Probleme löse. Zudem hat die Zinspolitik, wie aktuell zu sehen ist, eine inflationshemmende Wirkung. Einer Deflation kann durch öffentliche Investitionen entgegengewirkt werden, wie John Maynard Keynes herausgearbeitet hat. Bodenreformen könnten aufgrund der steigenden Wohnkosten an Bedeutung gewinnen. Erste Kommunen gehen dazu über, Grundstücke aufzukaufen und nur mehr zu verpachten.