
Die Erinnerung an einen nächtlichen Gletscheraufstieg als Jugendlicher in seiner Heimat nimmt der Energie- und Utopieforscher Johannes Schmidl zum Anlass, um über den Klimawandel und die Eingriffe des Menschen in die Ökosysteme zu reflektieren. Der Schwund der Gletscher ist für ihn ein Bild dafür, was verschwinden kann, wenn wir unsere Art zu wirtschaften und zu leben nicht ändern: „Der Kampf um die Gletscher ist ein einsames Programm. Wir kommen in Europa auch ohne sie aus und könnten auf sie verzichten. Doch wird an ihnen jene größere Bewegung rechtzeitig sichtbar, die wir ausgelöst haben und immer noch verstärken und der wir jetzt aus eigener Kraft dringend entgegentreten müssen“ (S. 120). Schmidls Essay lebt von starken Bildern, etwa wenn er als Zugreisender durch das Weinviertel Erdölförderanlagen beschreibt: „Es sind Pumpen, die zähflüssiges dunkelbraunes Erdöl aus der Tiefe der Erdkruste an die Erdoberfläche befördern. Unaufhörlich und gemächlich erheben und verneigen sie sich, gebetsartig wirkt ihr Rhythmus der Verehrung“ (S. 121). Hier wird jener Stoff aus der Erde geholt, der uns über 150 Jahre Fortschritt und Glück versprochen hat. Doch damit müsse es nun vorbei sein. So erblickt der Bahnreisende nicht weit von den Ölpumpen neue Windräder, die uns die Energie der Zukunft liefern. Schmidl wörtlich: „Beide rhythmische Maschinen (…) versorgen uns mit Energie, und mit beiden Systemen verbindet sich eine Form von Glauben, dass es richtig sei, was sie tun und hervorbringen“ (S. 121f.). Unsere Vernunft reicht offensichtlich nicht aus, sich der Klimakrise zu stellen, da diese schleichend auf uns zukomme, so Schmidl: „Wir verdrängen das Langsame und das Unsichtbare leichter aus unserem Leben als das unmittelbar Sicht- und Spürbare, wie etwa eine Mülldeponie oder Zahnschmerzen“ (S. 129).
Ein inspirierender Text, der Ausflüge in die Erdgeschichte und Glaziologie ebenso unternimmt wie er Reflexionen über unser viel zu zögerliches Handeln gegen die Klimakrise thematisiert. Was ansteht, wäre Begrenzung. Doch diese „Grenzen der Freiheit und der Triebwelt erscheinen manchen als Zumutung“ (S. 132) So könne es durchaus sein, dass wir auf eine chaotische Welt zusteuern, in der sich die Wohlhabenden auf „Inseln des Entkommens“ (S. 132) zurückziehen, große Teile der Menschheit aber einem neuen Überlebenskampf ausgesetzt werden.