Trendbuch. Der erste große deutsche Trendreport

Ausgabe: 1993 | 4

Wo das Vertrauen in stabile Märkte abhanden kommt, bläst auch der empirischen Marktforschung der Wind kräftig ins Gesicht. „Trendforschunq" lautet die Alternative. Ihr Ziel ist es, "scheinbar chaotischen Oberflächenphänomenen ein handhabbares Interpretationsraster hinzuzufügen ... '', um kurzlebige Moden von dauerhaften Phänomenen zu unterscheiden. In Anlehnung an die Erfolge und Methoden der US-Amerikanerin Faith Popcorn setzen der Wendezeit-Analytiker Matthias Horx und seine Kollegen vom Hamburger Trendbüro (gegründet 1992) auf neue Verfahren (oder klingen sie vielleicht nur so?) wie "Scanning", „Monitorinq", „Trendscouting". "Cross-Culture-Trendanalyse", „Produkt-" und " Medienentwicklung") und selbstredend - ein „neues Ethos". Auch wenn man unumwunden zugibt, daß es darum geht, dem Kunden Konkurrenzvorteile zu verschaffen, so gilt doch auch der bemerkenswerte Satz, daß" viele Produkte der Zukunft deshalb gut sind, ... weil sie nicht produziert werden." Ob dies indes bedeutet, daß "sich die Märkte von Schlachtfeldern in Gärten verwandeln" werden, darf bezweifelt werden. Wie auch immer: Horx und seine Kollegen haben sich mit viel Elan und (zuweilen zu deutlichem) Gefallen an sprachlicher Selbstdarstellung darangemacht, zwölf "Großtrends" zu skizzieren. Zu ihnen können an dieser Stelle nur Hinweise in Stichworten gegeben werden: Rezessionskultur: Luxus gerät aus der Mode, Dinosaurier als Symbol des Niedergangs, aber auch: Krankheit als Chance zur Heilung. Ökolozismus: Die Ablöse von "Placebo-Ökologie" und der großen Lügen um "Umwelt-Engel" und "Grüne Punkte" steht im Zeichen einer Allianz von kundigem Konsumenten und aufgeschlossener Industrie; Postemanzipation: "Singelisierung" der Gesellschaft, Girls-Culture, aber auch die Familie ist im Kommen. Teddybärenwelt: Man bleibt zu Hause. macht sich's gemütlich und wäre am liebsten immer ein Kind. Abschied von der Schriftkultur/Rückkehr der Spießer: Wiedererwachen des Hausmeisters, Kritik ohne Bereitschaft zur Verantwortung. Generation-X-Syndrom: Krise der Jugendkultur. Hang zu Zynismus und melancholischer Distanz. Mein kleines Universum: Virtual Reality und Themenwelten, Telepräsenz erzeugt Multiperspektivität. Voyeurismus: Madonna als erste postmoderne Künstlerin. Polykulturelle Gesellschaft: Megazentren als Orte der vielen Ghettos, Renaissance des politischen Salons. Fin de Siècle: Schwarzes Untergangstheater, Eklektizismus in Hülle und Fülle, aber auch heroischer Utopismus. Urdeutscher Katzenjammer: Nach dem Ende der " Mauer-Lust" bleibt die deutsche Gesellschaft provinziell. Realitätsschock und tief begründete Schuld-Angst W Sp.

Horx, Matthias; Trendbüro: Trendbuch. Der erste große deutsche Trendreport. Düsseldorf (u. a.): Econ-Verl., 1993. 247S., DM40,-/sFr34,-/öS311