Krieg ist für einen modernen Industriestaat nicht mehr führbar, er ist zivilisationsfeindlich; aber das war er wohl immer, wenn auch nicht ganz so rasant und radikal. Krieg muss also verhindert werden. Man glaubte dies nach dem 11. Weltkrieg durch militärische Abschreckung, Neutralität u.ä. Strategien zu erreichen. Im Interesse des Friedens brauchen wir heute eine umfassende politische Sicherheitspartnerschaft" , konstatierte Helmut Schmidt bereits 1978 anlässlich der 1. UN-Sicherheitskonferenz. Hiermit setzte eine Bewegung ein, die bis heute in Entwicklung ist und die Friedenssicherung in Konzepten von Gemeinsamer Sicherheit (GS) sucht. GS zielt prinzipiell auf Kriegsverhütung ab. Um diese zu ermöglichen, sollen strukturelle Angriffsunfähigkeit (nicht über die Grenzen reichende Waffensysteme, die den Schaden im eigenen Lande in jeder Weise begrenzen), "Defensive Abhaltung" statt Abschreckung und Rüstungsbegrenzung bis zur einseitigen Abrüstung realisiert werden. Langfristige Ziele sind die Auflösung der Militärpakte und -blöcke, die Schaffung einer neuen Europäischen Friedensordnung und die Bildung eines Systems Kollektiver Sicherheit. Dieses unterscheidet sich von GS hauptsächlich dadurch, dass es auch für den Ernstfall konzipiert ist, also auch dann noch wirksam eingreifen kann. Wie eine neue Europäische Friedensordnung aussehen kann, ist noch weitgehend ungeklärt. Sicher ist dass man auf militärische Mittel, wenn auch in reduziertem Ausmaß, nicht verzichten will, um die Stabilität nicht zu gefährden. Möglich ist beispielsweise ein internationales Gremium für diese Belange (mit anderen Strukturen als UNO und NATO), an das gewisse Aufgaben delegiert werden könnten, sofern es den Grundsätzen des sozialen Rechtsstaates, der Menschenrechte und der Friedensfreundlichkeit entspricht.
Lutz, Dieter S.: Sicherheit 2000. Gemeinsame Sicherheit im Übergang vom Abschreckungsregime zu einem System Kollektiver Sicherheit in und für Europa. Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft, 1991. 223 S. (Militär, Rüstung, Sicherheit; 70) DM 38,-1 sFr 32,20 / öS 296,40