Helmut Klages, der bekannte Demoskop und Erforscher des „Wertewandels" in Deutschland, legt hier seine neueste Analyse vor. Auch in diesem Buch spielt die Frage des Wertewandels eine bedeutende Rolle. Sie bestimmt das Verhältnis der einzelnen Menschen zu Gesellschaft und Politik wesentlich. Dabei behandelt er, mitaktuellem empirischen Datenmaterial untermauert, Thesen wie zunehmende Politikverdrossenheit, Wechselwähler, „Dienstleistungsstaat" etc. und setzt sich selbstverständlich auch mit dem Problem des Rechtsradikalismus auseinander. Klages liefert durchaus neue Interpretationsfacetten. So gelangt er zu der Ansicht, dass die Aufwertung von rechtsradikalen Parteien weniger einem generellen "Rechtsruck" entspricht, als das es vielen Bürgern immer mehr darum geht, etablierten Parteien einen Denkzettel zu verpassen.
Auch stellt Klages dar, dass die Diskussion über Politikverdrossenheit in erster Linie aus dem Blickwinkel traditioneller Parteien geführt wird, die den richtigen Zugang zu ihren Wählern mehr und mehr verlieren. Damit bestätigt der Autor eine aktuelle sozialwissenschaftliche These, dass es ein Versäumnis etablierter politischer Institutionen darstellt, an den konkreten lebensweltlichen Interessen der Bürger zunehmend vorbei zu agieren. Nur in diesem Sinne kann das Schlagwort von der "Öffnung" der Parteien in sinnvoll greifbare Maßnahmen münden. Die Politik muss sich allerdings mit der Tatsache anfreunden, dass sie keine allumfassende Erklärungsinstanz mehr darstellt, sondern dass, wie Ulrich Beck schon gezeigt hat, das politische System zunehmend von einer Reihe von Subsystemen abgelöst wird. Die gegenwärtige Krise der Politik muss also nicht gleichbedeutend mit einer Krise der Demokratie sein. Gerade diese Subsysteme können Spielräume für demokratische Selbstorganisation bieten.
J. P
Klages, Helmut: Häutungen der Demokratie. Zürich (u. a.): Ed. Interfrom, 1993 (Texte + Thesen; 246). DM 22,-/sFr 78,60/ÖS 171,60