Der Band enthält ausgewählte Beiträge der 10. Jahrestagung des "Forum Informatikerinnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung" (FIFF), die vom 7.-9. Oktober 1994 unter gleichnamigem Titel stattgefunden hat. Das Themenspektrum ist breit: Abgehandelt werden die Zusammenhänge von Informatik, Arbeit und Technik (Datensicherheit, Rüstung, Medizin und Bildung).
Den Auftakt macht ein grundsätzlicher Artikel von Bettina Heintz über das Verhältnis von Informatik und Soziologie oder, wie sie meint, über "die Gesellschaft in der Maschine". Alexander Roßnagel führt die zahlreichen Verletzlichkeiten der Informationsgesellschaft auf - sie reichen von Bombenanschlägen auf Großrechner bis hin zur gezielten Manipulation von Software - und fordert einen Regulierungsmix aus Eigensicherung der Betroffenen und staatlichen Ordnungsmaßnahmen im Sinne eines “lernenden Rechts", das Versuchs- und Irrtumsphasen einschließt. Nicht fehlen darf eine Reflexion über die Arbeit von FIFF, geht es immerhin um den Rückblick auf eine 10jährige Tätigkeit und Entwicklung: aus diesem Anlaß vorgestellt wird auch die US-amerikanische Schwesterorganisation "Computer Professionals for Social Responsibility". "Die Kriegsvorbereitung mittels unserer Disziplin aufzuspüren", schreibt Helga Genrich in ihrer Rückschau auf FIFF, bleibe eine der vorrangigen Aufgaben dieser Organisation. So sind auch gleich mehrere Beiträge dem Themenkomplex Rüstung und Informatik gewidmet.
Götz Neuneck legt die vermehrte Anwendung von Computersimulationen nicht nur in der Entwicklung neuer Waffen, sondern auch in der militärischen Ausbildung dar. Neben Kosteneinsparungen und Effizienzsteigerungen vermutet der Autor in der Vorliebe für Simulationen ein weiteres Motiv, das mit dem Wegfall der bipolaren Bedrohungssituation des Kalten Krieges zu tun habe: "Wo neuartige Konfliktvermeidungsstrategien erarbeitet werden müssen, beschäftigt man sich viel lieber mit dem ,virtuellen' Gefechtsfeld. " Mögliche Kriegsformen der Zukunft benennen Ute Bernhardt und Ingo Ruhmann mit den Begriffen" Netwar" und" Cyberwar". Gemeint sind Sabotageakte gegen Daten- und Kommunikationsnetze, die Einspeisung von Viren in die Computersysteme oder die Blendung von Satelliten des Geqners.
Daß Computertechnologie auch der Friedenserziehung dienbar gemacht werden kann, beweist ein von Wolfgang Hofkirchner und Peter Purgathofer vorgestelltes, an der TU Wien entwickeltes Computerlernsystem zur kritischen Aufarbeitung des Golfkrieges. Die Stärke der Textsammlung - ihre Breite - ist zugleich auch eine gewisse Schwäche. Aufgrund der vielen erörterten Themen fehlt manchesmal die Möglichkeit zu vertiefter Auseinandersetzung. Dies schmälert jedoch die Bedeutung dieses Bandes in keiner Weise. In diesem Sinne sei auch FIFF zum 10. Geburtstag gratuliert und der Hoffnung auf weiteres Engagement Ausdruck verliehen.
H. H.
Realität und Utopien der Informatik. Hrsg. v. Hans-Jörg Kreowski ... Münster: Agenda, 1995. 221 S. (Agenda Medien, 6) DM / sFr 28, - / ÖS 218,50