Carlo Masala

Warum die Welt keinen Frieden findet

Ausgabe: 2025 | 1
Warum die Welt keinen Frieden findet

Carlo Masala ist Professor für Internationale Politik an der Universität der Bundeswehr München und einer der gefragtesten Militärexperten im deutschsprachigen Raum. In seinem Buch „Warum die Welt keinen Frieden findet“ beleuchtet er die tieferliegenden Ursachen von Konflikten und Kriegen und setzt sich mit der Frage auseinander, warum Frieden bislang eine unerreichte Utopie geblieben ist.

Die Unerklärlichkeit des Krieges

Masala eröffnet sein Werk mit einem Zitat aus Edwin Starrs Anti-Kriegssong: „War, what is it good for? Absolutely nothing!“ Diese Frage führt direkt ins Thema: Die Diskrepanz zwischen der Offensichtlichkeit des Leids und der Zerstörung durch Krieg und der Tatsache, dass Konflikte und Kriege immer wieder aufflammen – aktuell mit besonders brisanten Beispielen wie dem Krieg in der Ukraine und den anhaltenden Auseinandersetzungen im Nahen Osten.

Masala sucht die Ursachen auf drei Ebenen. Zunächst analysiert er die individuelle Ebene und die Frage, ob kriegerisches Verhalten in der Natur des Menschen verankert ist. Er führt verschiedene Sichtweisen an: Einerseits wird der Mensch als von Grund auf „böse“ betrachtet – ein Gedanke, der sich in der Philosophie von Hobbes widerspiegelt. Andererseits fragt Masala, warum es in der Geschichte immer wieder längere Friedenszeiten gibt. Er kommt zu dem Schluss, dass das Individuum allein keine ausreichende Erklärung für Kriege bietet.

Auf der zweiten Ebene untersucht er politische und soziale Systeme. Der Friedensforscher Kant etwa argumentierte, dass Republiken friedlicher agieren. Doch Masala zeigt, dass auch Demokratien gegenüber nicht-demokratischen Staaten aggressiv sein können und dass ihre „friedliche Natur“ eher auf Ähnlichkeit basiert. Eine abschließende Antwort, warum Staaten in Kriege ziehen, findet sich auch auf dieser Ebene nicht.

Die dritte Ebene, das internationale System, ist laut Masala der wichtigste Ansatzpunkt. In einer anarchischen Weltordnung fehlt eine übergeordnete Instanz, die Frieden sichert. Staaten befinden sich in einem permanenten Sicherheitsdilemma: „In ihrem Streben nach maximaler Sicherheit verunsichern Staaten andere Staaten.“ (S. 54). Diese Unsicherheit führt zu Aufrüstung und Teufelskreisen.

Masala reflektiert auch die vorzeitigen Hoffnungen auf ein schnelles Ende des Ukraine-Kriegs durch die Gegenoffensive. Doch die Realität sah anders aus. „Die Hoffnung eines schnellen Durchbruchs der ukrainischen Truppen in den von Russland besetzten Territorien resultierte aus einem völligen Unverständnis für die Bedingungen, unter denen der Krieg geführt wird. Mit größerem Wissen wäre diese Hoffnung weder aufgekommen noch später enttäuscht worden.“ (S. 10). Diese Enttäuschung hat eine gesellschaftliche Ermüdung gefördert und die Unterstützung für die Ukraine geschwächt.

Zwischen Utopie und Pragmatismus

Das Buch verfolgt den Ansatz, die Vielzahl an Literatur aus Wissenschaft, Politik und anderen Disziplinen zu befragen: Warum ist Krieg ein dauerhaftes Phänomen sozialer Interaktion, das verstanden werden muss? Abschließend präsentiert Masala vier Strategien zur Minimierung von Kriegen: Machtgleichgewicht, Stärkung internationaler Organisationen, Förderung von Handelsbeziehungen und Völkerrecht. Eine Weltregierung wäre laut Masala die einzige Möglichkeit, das Sicherheitsdilemma zu lösen – allerdings utopisch. Stattdessen plädiert er für ein Friedensmanagement zur Minimierung von Konfliktrisiken.

„Warum die Welt keinen Frieden findet“ ist ein sachlich geschriebenes, sehr zugängliches Werk. Masala präsentiert komplexe Theorien und Beispiele auf verständliche Weise. Die Kürze des Buches ist zugleich seine Schwäche: Themen wie individuelle Kriegsgründe oder soziale Auswirkungen moderner Konflikte hätten mehr Tiefe verdient. Auch die imperialismuskritische Theorie, die Masala anspricht, könnte genauer beleuchtet werden.

Was als Kritik verstanden werden kann – nämlich die fehlende Tiefe –, kann jedoch auch helfen, die breite Leserschaft zu erreichen. Denn Masala bietet eine sachliche, sehr gut nachvollziehbare Struktur, die zeigt, dass die Welt, wie sie ist, Krieg und Frieden nur managen kann. Dies kann Hoffnung und Enttäuschung in Einklang bringen, Falschinformationen reduzieren und das Verständnis der tiefergehenden Literatur erleichtern.

Carlo Masala gelingt es, einen pointierten Überblick über Krieg und Frieden zu geben. Trotz des komplexen Themas bleibt das Buch gut nachvollziehbar. Es zeigt, warum Konflikte oft nur gemanagt, aber nicht verhindert werden können. Für Leser, die eine klare, unaufgeregte Analyse suchen, ist dieses Buch zu empfehlen – gerade in Zeiten wie diesen.