Ökologieorientierte Produktpolitik

Ausgabe: 1996 | 3

Die Produkte sind die größten Emissionen der Industrie." Erzeugnisbezogener Umweltschutz spielt jedoch in der umweltorientierten Betriebswirtschaftslehre eine eher nebensächliche Rolle. Der dritte Band der wissenschaftlichen Buchreihe "Theorie der Unternehmung" beschäftigt sich nun mit den informatorischen, kommunikativen und strukturellen Grenzen, denen Unternehmen im Bemühen um eine ökologische Produktpolitik ausgesetzt sind. Umweltpolitik der vergangenen 20 Jahre war v. a. gekennzeichnet durch nachsorgenden Umweltschutz (Filter, Abfallwirtschaft, Grenzwerte). Der ökologische Nutzen ist oft umstritten, ökonomisch ist diese Vorgangsweise auf jeden Fall ineffizient, denn aus wirtschaftlichen Gründen sind verfahrenstechnische Optimierung, Rohstoff- und Energiemanagement sowie Verwertung von Kuppelprodukten viel wichtigere Maßnahmen. Die gebräuchlichen Erkenntnismethoden (z. B. Toxikologie) sind kaum imstande, vernetzte Problemlagen und deren Dynamik zu erkennen. Auch ist der Aufwand für die eher oberflächliche Abschätzung von Wirkungen einzelner Stoffe um vieles höher als die Entwicklung neuer Chemikalien. (FCKW wurde innerhalb von 3 Tagen synthetisiert, die Analyse der Folgen für die stratosphärische Ozonbildung verschafft internationalen Forschungsnetzwerken Arbeit für mehrere Jahrzehnte.) Angesichts der geringen sinnlichen Wahrnehmbarkeit von produktbezogenen Umweltfolgen kommt den Medien eine wichtige Mittierfunktion zu, die durchaus auch problematisch ist. Es geht oft um reaktive einzelstofforientierte Produktpolitik, strukturelle Fragen werden meist gar nicht thematisiert. Und Themen, die nicht Gegenstand der massenmedialen Berichterstattung sind, bleiben weitgehend folgenlos. In dieser Weise analysiert, hält auch das Instrument der Produkt-Ökobilanzen nicht stand: Bewertungsoffenheit und Datenvarianz erlauben opportunistisches Verhalten, mangelnde Prägnanz macht dieses Konzept für die Markt- und Medienkommunikation hingegen kaum verwendbar. Lösungsansätze liegen für den Autor eher in einer vorsorgeorientierten Produktpolitik. In naturwissenschaftlicher Sicht bedeutet dies die Reduktion der energetischen und stofflichen Ressourcen und die Risikominderung durch Reduktion der ökologischen Eingriffstiefe. Offen bleibt weitgehend - auch in dieser Studie - die Umsetzung dieser Modelle. Trotz des hochwissenschaftlichen, anspruchsvollen Stils dieser als Dissertation vorgelegten Studie lohnt sich die Mühe der Lektüre allemal. D. N.

Spiller, Achim: Ökologieorientierte Produktpolitik. Forschung, Medienberichte und Marktsignale. Marburg: Metropolis-Verl., 1996. 577 S.

 

Literaturhinweis: Möglichkeiten und Chancen für Unternehmen, sich in Kooperation mit anderen Handlungsfelder zu erschließen, die die Umsetzung einer ökologischen Unternehmenspolitik ermöglichen bzw. erleichtern, bietet Aulinger, Andreas: (Ko)Operation Ökologie. Kooperationen im Rahmen ökologischer Produktpolitik, Marburg: Metropolis-Verl., 1996. 409 S. (Theorie der Unternehmung; 4)