Materialflussanalyse & Stoffbuchhaltung Österreich 1960-95

Ausgabe: 1999 | 2

Aufbauend auf frühere Arbeiten des IFF/Abteilung Soziale Ökologie liegt nunmehr eine weitere Materialflußanalyse (MFA) für Österreich vor, welche die früheren Ergebnisse konkretisiert bzw. bis 1995 fortschreibt. MFA ist in den letzten Jahren zu einem Werkzeug in der Umweltpolitik geworden, das der Entwicklung von Indikatoren für eine nachhaltige Entwicklung dienen und die herkömmliche Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung im Rahmen einer Stoffbuchhaltung ergänzen soll. Ziel ist u.a. die Bereitstellung zentraler Indikatoren, die als Zeitreihen verfügbar und international vergleichbar sind. Aufgrund des Masseerhaltungsgesetzes kann davon ausgegangen werden, daß die Höhe des Inputs an Stoffen in eine Ökonomie das Ausmaß an Umweltproblemen (in der Zukunft) bestimmt: Was in die vom Menschen gelenkte Technosphäre an Ressourcen hineingelangt, muß früher oder später stofflich-materiell verändert wieder als Abfall in die Umwelt. Daher geht es in der Umweltpolitik insbesondere um problematische Mengen, um den jährlichen Materialinput und um die Steuerung der Stoffflüsse.

In der Darstellung des Materialflusses Österreichs werden fünf Hauptgruppen von Materialien unterschieden: Wasser, Luft, mineralische Materialien, Biomasse und fossile Energieträger, wobei die letzten drei Materialien als „Kenngröße für den gesellschaftlichen Umgang mit der Natur“ (S. 8) herangezogen und zur Wertschöpfung in Beziehung gesetzt werden.

Anhand der zeitlichen Darstellung des österreichischen Materialflusses lassen sich Anzeichen erkennen, daß sich der inländische Materialverbrauch auf hohem Niveau stabilisieren könnte (1995 flossen jährlich 173,7 Mio. Tonnen Materialien in die österreichische Wirtschaft, das sind 21,9 Tonnen Natur pro Kopf). Ein ähnlicher Trend wurde in mehreren Industriestaaten mittels MFA dargestellt. So wie vergleichbare Studien aus Deutschland, den USA, Japan und den Niederlanden belegt auch diese Studie, daß rund drei Viertel des Materialinputs aus der inländischen Entnahme stammen (S 18). Aufgrund dieser Gemeinsamkeiten in der materiellen-energetischen Basis läßt sich ein charakteristischer Stoffwechsel industrieller Gesellschaften skizzieren. Auffällig ist dabei v.a. die Dominanz einiger weniger Materialien (Wasser, Luft, mineralische Massenrohstoffe, fossile Energieträger, Futtermittel, Düngemittel, Zement, Holz und Stahl), die den Zuwachs des Stoffwechsels bestimmen. Darüber hinaus sind typische Kennzeichen die hohen jährlichen Nettozuwächse, die intensive Inanspruchnahme von Fläche und die hohe Energieintensität. Insgesamt gibt es noch nirgendwo eine Trendumkehr in Richtung der anvisierten Dematerialisierung. Zwischen 1960 und 1995 wuchs das Materialaufkommen in Österreich vielmehr um 85,2 Prozent – jährlich um 2,37 Prozent (S 26)! Zuletzt bleibt Schandl daher skeptisch, ob die politisch-kulturellen Willens- und Entscheidungsprozesse die stofflich-energetische Eigendynamik des Systems überwinden können (S 32f). D. P.

Schandl, Heinz: Materialfluß Österreich. Die materielle Basis der österreichischen Gesellschaft im Zeitraum 1960 bis 1995. Wien 1998. 53 S. (IFF - Soziale Ökologie Band 50).