Meron Mendel ist Pädagoge, Publizist und Direktor der Bildungsstätte Anne Frank. Er hat das Buch „Über Israel reden“ nicht als Sachbuch geschrieben. In das Buch sind viele persönliche Erfahrungen eingeflossen: Die eines Israelis, der inzwischen auch Deutscher sei. Mendels Stimme hat in den aktuellen Debatten Gewicht.
Mendel fragt nach, wie es dazu kam, dass Israels Sicherheit als deutsche Staatsräson deklariert wurde und skizziert die Debatten der vergangenen Jahre. Er ist skeptisch, ob diese Staatsräson Bestand haben wird. „Die deutsche Politik kann auf Dauer schwerlich an Merkels Konzept der Staatsräson festhalten. Die Bedeutung einer Selbstverpflichtung des deutschen Staates ist kaum zu überschätzen. Sie ist aber weder gesetzlich verankert noch von der Bevölkerung legitimiert. Angela Merkel und weitere deutsche offizielle Amtsträger haben den deutschen Staat auf die Sicherheit eines anderen Staates verpflichtet. Ausgelassen wurde die Frage, was Israel tun oder unterlassen solle, damit diese Garantie in Zukunft bestehen kann“ (S. 66). Das Versprechen sei nicht einmal an Bedingungen geknüpft, wie etwa an das Fortbestehen der israelischen Demokratie.
Außerdem reflektiert er die Diskussionen um die gegen Israel gerichtete BDS-Bewegung (Boykott, Divestment and Sanctions). In dieser Debatte sei der deutsche Blick auf Israel verhandelt worden. Leider habe man dabei wichtige Fragen ausgespart. „In der aktuellen deutschen Debatte um die BDS-Kampagne geht es leider nur selten um die Frage, was Israelis und Palästinenser Richtung Frieden bewegen könnte und ob der Boykott gegen Israel dafür ein geeignetes Mittel wäre“ (S. 111).
Mendel wirft auch einen genaueren Blick auf das linke Milieu in Deutschland und die Verschiebungen in der Debatte über Israel innerhalb dieser Gruppe. Er plädiert für eine Verabschiedung vereinfachter Deutungsmuster, auch wenn das bedeutet, Mehrdeutigkeiten auszuhalten. Nur so entkomme man dem verhärteten und polarisierten Diskurs. „Im Zentrum sollte nicht die Frage stehen, welche Seite recht hat oder die moralisch überlegenere ist, sondern wie moderate, friedliche (und linke) Kräfte auf beiden Seiten unterstützt werden können“ (S. 147). Das setze aber Empathie und Abstraktion voraus, eben die Einsicht, dass nicht Deutschland der Ort ist, an dem der Nahostkonflikt gelöst werden könne.