Maschinenintelligenz oder Menschenphantasie?

Ausgabe: 1992 | 2

Wissenschaft und Technik als Mittel unseres Erkennens und Lebens sind fragwürdig, eine Neubewertung unseres Weltbildes notwendig geworden. Ausführlich und überaus aufschlussreich versucht die Autorin dies zu begründen. Sie geht davon aus, dass die "Logik der Berechenbarkeit der Welt" und die Konzeption der Mechanisierung allen Tuns - wie alle anderen Weltbilder auch - nur subjektive Sinngebungen sind.

Die zentrale Frage im Pro und Contra unseres Kulturentwurfs lautet für Unseld, welche Wirklichkeit wir für uns wahr werden lassen, welchen Möglichkeiten des Mensch-Seins wir uns eröffnen oder verschließen, wenn wir davon ausgehen, dass für uns Computer das menschliche Denken repräsentieren. Vehement kritisiert sie die "Ordnung des Gemachten", weil letztlich die Macht der Technik und die Fetischisierung der Produktwelt eine dominierende Rolle spielen und damit die Krise unseres Weltbildes begründen. Als Rettung, als „End(er-)lösunq" werde Künstliche Intelligenz nicht nur als Wissenschaft, sondern als Ersatzreligion gepriesen.

Die Computerisierung der Gesellschaft bezeichnet die Autorin als rationalen Weg in die Apokalypse, obwohl sie durchaus einräumt, dass die Zurücknahme der Technisierung völlig außerhalb des Denkbaren liegt. Trotzdem begnügt sie sich letztlich nicht mit einer bloß fehlerfreundlichen Technik, sondern propagiert das "Zurück in die Steinzeit". Zu suchen ist ein neues Verhältnis zur Wirklichkeit und zu uns selbst, dass nicht auf der Ausübung technischer Macht basiert.

Unseld bietet kein leicht zugängliches, populärwissenschaftliches Pamphlet gegen Technikgläubigkeit, sondern eine fundierte Aufbereitung der gegenwärtigen Sinngebung und expansiven Entwicklungslogik unseres Weltbildes. Alfred Auer

 

Unseld, Godela: Maschinenintelligenz oder Menschenphantasie? Ein Plädoyer für den Ausstieg aus unserer technisch-wissensschaftlichen Kultur. Frankfurt/M.: Suhrkamp, 1992.524 S. (stw; 987) DM 30,-/. . sFr 25,40 / ÖS 234