Es sind gewaltige Aufgaben, die vor uns liegen. Es ist ja nicht nur die Klimakrise, die zu bewältigen ist, es geht auch um den zukunftsgerechten Umbau der Sozialsysteme, um ein neues Verhältnis von Arbeit und Leben, um die Neugestaltung von Organisationen, um die Transformation zur Wissensgesellschaft insgesamt. Keine einfache Aufgaben, keine einfachen Zeiten.
Über die Herausforderung selbst einen Weg zu finden
Wir leben in der Übergangszeit zwischen Industrie- und Wissensgesellschaft, sagt Wolf Lotter, und „sie transformiert auch den Leistungsbegriff“ (S. 109). Leistung im Industriezeitalter war messbar, normiert, standardisiert und wurde anhand dieser Maßstäbe beurteilt. Heute aber werde intellektuelle Qualität zum Maßstab für Leistung, so der Wirtschaftsjournalist und Buchautor. Etwas leisten bedeute heute, etwas zu erkennen. Und etwas daraus zu machen. „Leistung in der Wissensgesellschaft hat entscheidend mit originellen, unverwechselbaren Lösungen zu tun.“ (S. 42) Die Herausforderung besteht nun nicht länger darin, vorgegebene Normen und Anforderungen zu erfüllen, sondern selbst seinen Weg zu finden. Den Sinn dessen, was man tut.
Diese Transformation zu einem neuen Leistungsbegriff ist die erste Lektion, die dieses Buch bereithält. Die zweite betrifft den Zustand unserer Gesellschaft, die satt und müde geworden ist, bürokratisch und träge, ausgestattet mit einer Wirtschaft, in der Leistung mit Präsenz gleichgesetzt und die Zeit und Energie der Menschen in sinn- und nutzlosen Meetings verpulvert wird. Es sei eine „bemühungslose Gesellschaft“, in der man aufgehört hat, sich anzustrengen, so der Autor (S. 50). Seine Kritik gilt einem gesellschaftlichen Zustand der Behäbigkeit, der Aversion gegenüber allem Störenden und Neuen. „Wir sind faul, entscheidungsschwach und unbemüht, wir leisten nichts. Wir sind selbstgerecht und überheblich, und das führt seit langem dazu, dass wir nichts mehr an Neuem erkennen und jede Veränderung als Bedrohung sehen.“ (S. 55)
Doch die gewaltigen Anstrengungen, die mit den Herausforderungen in der Transformation verbunden sind, dulden keinen Aufschub. Sie verlangen, so Lotter, nach einer neuen Leistungsgesellschaft. Die letztlich nicht im Appell an alle wurzelt, sondern in der Bereitschaft aller, sich anzustrengen. Einer Leistungsgesellschaft, die nicht länger Normerfüllung als obersten Maßstab verfolgt, sondern auf Selbstverantwortung, Selbstorganisation, Selbständigkeit und Selbstverpflichtung beruht. Oder anders ausgedrückt auf dem Subsidiaritätsprinzip, wonach eine größere Einheit eines Systems nur übernehmen darf, was eine kleinere nicht zuwege bringt. Die Menschen selbst sind es in diesem Entwurf einer postindustriellen Gesellschaft, die die Dinge in die Hand nehmen und die Bedingungen schaffen, unter denen sie zusammenarbeiten. Nicht zuletzt, weil dieses subsidiäre Selbst zu robusteren Systemen führt: „Mehr Selbstständigkeit schafft robustere Systeme, die Krisen überdauern.“ (S. 97)
Keine Zukunft ohne Anstrengung
Wer jetzt immer noch die alte Leistungsgesellschaft im Kopf hat, in der es darum ging, immer mehr vom Gleichen zu produzieren, der lese das Folgende mit Blick auf die Herausforderungen, die zum Beispiel die Klimakrise für unsere Gesellschaften bereithält: „Die Anstrengung ist eine Selbstverpflichtung“, schreibt Lotter: „Strengt euch an!“ Denn „wo keine Anstrengung ist, ist keine Zukunft“. (S. 61)