Lisz Hirn

Macht Politik böse?

Ausgabe: 2023 | 1
Macht Politik böse?

Die Publizistin und Philosophin Lisz Hirn arbeitet in der Leykam Streitschrift „Macht Politik böse?“ zehn Trugschlüsse auf, welchen wir – die Wähler:innen – aufsitzen. Denn, so schreibt Hirn, das „schmutzige Geschäft sind übrigens wir, die Bürger, die ihre politische Repräsentanz in Amt und Würden wählen.“ (S. 11) Die im Buch dargestellten zehn Trugschlüsse sind „nur als eine Auswahl zu verstehen“ (S.11), welche durch kluge Beispiele und Analysen der Realpolitik die Leser:innen zur kritischen Begutachtung eigener Positionen dem politischen System gegenüber anregen möchten.

Über das Verhältnis Medien und Politik sowie starker Führung

Im Kapitel zwei „Man darf alles, solange es keiner mitbekommt“ (S. 18), thematisiert die Philosophin das Verhältnis zwischen Medien und Politik sowie das schwindende Vertrauen in eben diese beiden Institutionen. Eine besondere Rolle hierbei spielen parteipolitische Inserate, welche unter Rückgriff auf Fritz Hausjell (Präsident der österr. Sektion von Reporter ohne Grenzen) als „Schutzgeldzahlungen“ an den Boulevard die Demokratie schädigen. Dennoch endet auch dieser Trugschluss versöhnlich, indem Lisz Hirn auf die vielen redlichen Journalist:innen verweist, welche ihre Arbeit nur „guten Medienhäusern“ zur Verfügung stellen und so reale Bilder den erkauften Wunschbildern im Boulevard gegenüberstellen.

Der Sehnsucht nachstarken Anführer:innen, welche insbesondere in Krisenzeiten immer wieder aufkeimt, widmet Hirn Trugschluss Nummer acht „Einer muss es richten“. Dabei stellt sich die Frage, wer wird die vielen aktuellen und grenzüberschreitenden Krisen lösen und wie. Und wollen wir überhaupt, dass Politiker:innen moralisch handeln? Unter Rückgriff auf Henry David Thoreau wird klar, dass moralisieren zwar einfach sei, moralisch zu handeln hingegen umso schwerer. Zwar scheint eine starke Führung in Krisenzeiten die Ängste der Bevölkerung erfolgreich zu kanalisieren, doch darüber hinaus deutet im aktuellen Geschehen wenig auf den Erfolg autoritärer Politik hin, was am Beispiel des chinesischen Umgangs mit der Pandemie deutlich wurde. Außerdem spielt auch das Krankheitsbild des Narzissmus eine nicht unwesentliche Rolle im Kontext autoritärer Führer:innen. Narzisst:innen, so Hirn unter Bezug auf Max Weber und Barbara Kaufmann, neigen vor allem aus gekränkter Eitelkeit zu Unsachlichkeit und Verantwortungslosigkeit.

Schieflagen verstehen und die eigene Verantwortlichkeit offenlegen

In der Analyse eines jeden Trugschlusses – von moralischer Verantwortlichkeit über political correctness bis hin zur Aussage, dass Politik nichts für anständige Leute sei – ist der Grundton des Buches ein versöhnlicher, untermauert mit vielen Bezügen zur politischen Praxis und philosophischen Theorie. Anstatt zu polarisieren geht es darum, Schieflagen zu verstehen und auch die eigene Verantwortlichkeit offenzulegen. „Nach diesen zehn Trugschlüssen zeigt sich einmal mehr, dass die Politik nur so böse ist, wie wir Bürger sie sein lassen.“ (S. 88)